Zu Gast in Ahrweiler im September 2023

Aufbruch in die Weinberge

Es ist der zweite Tag meiner ersten Reise ins Ahrtal. Nach einer gemütlichen Nacht im VW-Bus fand ich unweit vom Ahrtor-Parkplatz einen WC-Container, der die Nacht über nicht verschlossen und dennoch nicht übel zugerichtet wurde.

Der berühmte Rotweinwanderweg soll heute auf dem Plan stehen. Doch bevor ich mich auf den Weg in Weinberge mache, will ich wissen, wie stark die Gebäude und Einrichtungen direkt am Ufer der Uhr zerstört wurden und welche Fortschritte der Wiederaufbau macht.

Die Hauptbrücke vor dem Ahrtor mit der separaten Fußgängerbrücke ist nicht die einzige Möglichkeit, den in diesen Septembertagen so friedlichen Fluss zu überqueren. Nur ein paar hundert Meter weiter hat das THW noch eine weitere Hilfsbrücke errichtet.

Links von der Brücke fällt mir der von Bauzäunen umgebene Friedhof auf, der meterhoch unter Wasser stand. Was müssen sich alleine hier für Dramen abgespielt haben. Ich sehe ein Umleitungsschild des Ahr-Radweges, der sich vorübergehen durch die Bauzäune schlängelt.

Den Radweg an Ahr hat es schwer mitgenommen und große Teile sind noch lange nicht im ursprünglichen Verlauf zu befahren. Der Rotweinwanderweg – so erfahre ich zunächst in Prospekten – ist von der Flut kaum noch beeinträchtigt, zumal er ohnehin in den hohen Regionen der Weinberge verläuft, wo die Flutkatastrophe vom Juli 2021 wenig ausrichten konnte. Ich überquere die Brücke, biege rechts ab und passiere das Baugelände, das ich gerne als Campingplatz genutzt hätte. Das wird wohl noch lange nicht möglich sein. Und ob dort jemals wieder ein Campingplatz errichtet wird, steht in den Sternen.

Ich gehe bis zur zweiten Brücke weiter und passiere dabei eine Baustelle nach der anderen. Auf der anderen Uferseite wird jedoch nicht überall gebaut. Einige Hausbesitzer haben noch nichts unternommen. Nachvollziehbar. So manches prächtige Wohngebäude ist offenbar aufgegeben worden. An den zerstörten Mauern kann ich abermals die Wucht der Flut erahnen. Und keiner weiß, ob sich nicht schon bald eine ähnliche Katastrophe ereignet.

In einem sehr gelungen „Ahrtal-Guide 2023“ mit der Headline „Wo kann ich die schönste Auszeit genießen… natürlich im Ahrtal“ finde ich eine kompakte Zusammenfassung des Sachstandes. Hier wird erklärt, dass die Flut bis zum heutigen Tag das Tal gezeichnet und die Region geprägt hat. „Gleichzeitig haben die Ahrtaler ihre rheinische Lebensfreude und Gastfreundschaft behalten und heißen jeden, der sie besuchen möchte, herzlich willkommen!“ Man freut sich also schon lange wieder auf Wanderer, Radler, Weingenießer oder Besucher der vielfältigen Feste. Und jeder Besuch, jede Einkehr und jeder Kauf unterstützt die Gastgeber, Winzer und Einzelhändler vor Ort.

Nach wie vor, so ist im Ahrtal-Guide zu lesen, bietet die Region große landschaftliche Schönheit und natürlich auch viele kulinarische Genüsse. Nach Rotwein ist mir morgens um 8 Uhr noch nicht, aber ein gutes Frühstück wäre jetzt nicht schlecht. In einer Seitengasse, etwas abseits des Zentrums, finde ich die „Kaffee-Mühle“. Hier bin ich goldrichtig. Nettes Personal, gutes Frühstück, viele jungen Leute im Café und auch draußen. Selbstverständlich darf ich hier auch mein Smartphone aufladen. Da gibt man gerne mal ein Trinkgeld.

Gut gestärkt steuere ich dann den Marktplatz an. Hier vor der Laurentiuskirche habe ich nämlich nicht nur viele Infotafeln, sondern auch die Zubringersymbole zum Rotweinwanderweg entdeckt. Die Markierungen der Zubringerwege haben einen gelben Hintergrund.

Ich folge diesen in Richtung Adenbachtor und passiere dabei eine Kneipe, die sich als „Pumpe“ proklamiert. Hier muss ich abends unbedingt mal rein…

Nun führt mich der Weg über die B 267 und dann stehe ich vor dem ersten Weinberg. Jetzt kanns losgehen.

Vielleicht sollte ich an dieser Stelle auch einmal den Optimismus der Ahrtaler bezüglich des Wiederaufbaus zum Ausdruck bringen. Auch wenn vieles noch nicht abgeschlossen ist, glaubt man, dass alles noch schöner wird als zuvor. Es geht Stück für Stück voran. Aktuell informieren kann man sich auf www.ahrtal.de. Und im nächsten Beitragsabschnitt werdet Ihr staunen, wie toll und spannend es in den Weinbergen ist.

Der Zubringerweg führt mich über die Bundesstraße 276. Doch auf der anderen Straßenseite am Fuß der steilen Weinberge habe ich den Rotweinwanderweg immer noch nicht erreicht. Hier finde ich aber zahlreiche Infotafeln. Die erste beschreibt den Weinbaulehrpfad der Stadt Ahrweiler.

Weitere dokumentieren die „Wurzeln des Weinbaus, die vermutlich von den Römern an die Ahr gebracht wurden. Andere Tafeln lassen uns mehr über das Klima und die Tierwelt in den Weinbergen wissen.

Mir fallen jedoch zuerst die Pfeiler einer Brücke auf. Was ist hier passiert? Die Flut von 2021 kann es so weit von der Ahr entfernt wohl wohl kaum gewesen sein. Es handelt sich hier um die Gedenkstätte Silberbergtunnel. Aber auch hierzu finde ich eine Infotafel, auf der folgendes zu lesen ist (O-Text): „In den letzten Monaten des 2. Weltkrieges wurde ein große Teil unserer Stadt durch Tiefflieger und Bomben zerstört. Die Bevölkerung suchte Schutz in einem ehemaligen Eisenbahntunnel. Dieser Silberbergtunnel in den Weinbergen oberhalb der Stadt war Teil einer nie vollendeten Eisenbahnlinie, die von Liblar bei Köln nach Rech führen und dort in die Ahrtalbahn einmünden sollte. Mit dem bau wurde 1910 begonnen. Im Jahr 1923 verhängte die französische Besatzungsmacht dann einen Baustopp. Die bis heute in den Himmelragenden Pfeiler sind Überbleibsel des Viaduktes, welches auf einer Länge von 150 Metern das Adenbachtal überspannen sollte“. (O-Text Ende).

Es wird weiter erläutert, dass das Tunnelportal auf Anregung der Bevölkerung und der tatkräftigen Unterstützung durch den Heimatverein wieder zugänglich gemacht wurde und so eine Gedenkstätte entstand. Hier soll das entbehrungsreiche Leben der zeitweise über 2500 Tunnelbewohner anschaulich dargestellt werden.

Nun weiß ich, dass ich den Zugang zum Rotweinwanderweg über das Adenbachtal erklimme. Auf einer Ruhebank belächele ich eine Gruppe E-Bike-Fahrer, deren E-Motoren dem steilen Anstieg offenbar nicht gewachsen waren. Und nach einigen Hundert Metern und etlichen Höhenmetern erreiche ich dann den ersten Wegweiser mit der Original-Markierung des Rotweinwanderweges. Ich entscheide mich für die nördliche Richtung.

Auf dem Wegweiser finde ich den „Regierungsbunker“ (1,3 km), den Ortsteil Walporzheim (4,0 km) und Altenahr (18,4 km) als Etappenziele. In der Gegenrichtung stehen der Silberbergtunnel (0,1 km), die Weinbergkapelle St. Urban (1,1 km) und Bad Neuenahr (8,2 km) auf dem Richtungsanzeiger. Ein Bericht über die Etappe Ahrweiler – Walporzheim auf dem Rotweinwanderweg folgt in Kürze.

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