X-16-34 Auf dem Lulluspfad – Etappe Philippsthal-Vacha

Über die Grenze von Hessen nach Thüringen (2,8 km)

Einen kleinen, knapp drei Kilometer langen Abschnitt des Lulluspfades haben wir im Februar 2023 im Rahmen einer Rundwanderung kennen gelernt. Der Lulluspfad ist ein 184 Kilometer langer Fernwanderwanderweg, der nach dem Mainzer Erzbischof Lullus benannt wurde. Dieser gründete im Jahr 769 das Kloster Hersfeld. Der Lulluspfad verbindet den Edersee in Nordhessen mit dem Rennsteig in Thüringen. Genau in unserem kleinen Abschnitt von Philippsthal im Landkreis Hersfeld-Rothenburg nach Vacha überschreiten wir die ehemalige deutsch-deutsche Grenze an der „Brücke der Einheit“ über die Werra.

Eine Brücke über die Werra gibt es auch in Philippsthal. Nehmen wir diese als Startpunkt zu dieser kleinen Etappe. Wir biegen rechts in die Parkstraße ein und durchwandern den Schlosspark. Der Schlosspark erstreckt sich auf 50.000 Quadratmetern vom südlichen Schlossflügel bis an das Werraufer. Er ist fast vollständig von einer Sandsteinmauer umgeben und wurde in Form eines englischen Landschaftsgartens errichtet. Die Orangerie im unteren Teil des Parks wurde 1731 errichtet.

Wir halten uns links und steuern dem Schloss entgegen. Auf einer Tafel zum Werratal-Radweg vor dem barocken Schloss stellt sich Philippsthal als Erholungsort im „Land der weißen Berge“ zwischen den Ausläufern von Rhön und Thüringer Wald vor.

Das Schloss, erbaut von 1685 bis 1735, war Residenz der Landgrafen von Hessen-Philippsthal. Im Südflügel des ursprünglich aus dem Kloster Kreuzberg entstandenen Schlosses befindet sich das Rathaus der Marktgemeinde Philippsthal/Werra. Bei der Schlosskirche handelt es sich um eine romanische Säulenbasilika aus dem 12. Jahrhundert.

Von dort führt uns der Weg nach rechts zu einer weiteren Sehenswürdigkeit: Repräsentativer Hauptzugang zum Schloss war das 1734 erbaute Torbogenhaus. Das eindrucksvolle Bauwerk mit seinem Mansardfdach dient heute als Grenzmuseum.

Wir wandern auf der Vachaer Straße weiter uns passieren das Hotel/Restaurant Rhönblick. Hier wurden wir im Februar 2023 bestens bewirtet.

Kontaktdaten:

Hotel Rhönblick, Inh. Svenja Heider

Vachaer Straße 2a, 36269 Philippsthal

Tel. 06620-469, wuest-philippthal@t-online.de

www.hotel-rhoenblick.de

Wir konnten direkt vom Hotel auf die Strecke gehen und entdeckten auf dem Weg in Richtung Vacha neben der Markierung des Lulluspfades (X 16) auch die des Nadelöhrweges (+ 32). Auf der Vachaer Straße marschierten wir auf einem gepflasterten Weg an einem Reiterareal vorbei, erreichten bald die Biotope im Überschwemmungsbereich der Werra und einen kleinen Brunnen. Dahinter befindet sich ein großer Steinbruch.

Bald kam die berühmte „Brücke der Einheit“ ins Blickfeld. Davor aber befand sich noch ein geschichtsträchtiges Bauwerk, dass rein äußerlich betrachtet kaum großes Interesse erwecken würde. Das „Haus auf der Grenze“. Hierzu ist auf einer Infotafel folgendes zu lesen (O-Text): „Das Haus Hoßfeld mit Wohnhaus und Druckerei wurde 1890 unmittelbar an der thüringischen Grenze in Preußen erbaut. Als Firmensitz war Philippsthal-Vacha eingetragen, da die Steuern im damaligen Preußen niedriger waren als in Thüringen.

Die Firma erweiterte 1924 ihre Räume über die Landesgrenze hinaus und verlegte die Druckmaschinen auf thüringisches Gebiet (…). Als sich nach dem 2. Weltkrieg die Grenze nach und nach schloss, entstand ein Kuriosum: Die Grenze zwischen den Machtblöcken verliefen mitten durch das Hoßfeldsche Haus.

In der Silvesternacht 1951/52 wurden von der Familie Hoßfeld die Druckmaschinen wegen der Gefahr der Enteignung in den hessischen Gebäudeteil gebracht und die Verbindungstür zum Ostteil des Hauses wurde zugemauert.

Daraufhin verwehrte die DDR der Besitzerin jeglichen Zugang zu dieser Haushälfte. Erst im Jahr 1976 übergab die Grenzkommission beider deutscher Staaten das thüringische Zwölftel wieder an Frau Hoßfeld zur Benutzung. Die Grenze verlief nun in einigen Metern Abstand um das Haus herum.“ (O-Text Ende).

Eine wirklich kuriose Geschichte. Wir marschierten nun weiter in Richtung Werrabrücke und fanden auch zu dieser interessante Erläuterungen.

Auf einer Tafel zum „Grenzwanderweg in der Wartburgregion“ erfahren wir, dass die Werrabrücke bereits im frühen Mittelalter auf der alten Frankfurt-Leipziger Straße eine große Rolle spielte. Schon um 786 grenzten hier die Territorien der Klöster Fulda und Hersfeld aneinander. Im Wortlaut ist auf dieser Tafel folgendes zu lesen: „Stadt und Brücke werden 1186 als zum Stift Fulda gehörig erwähnt. Im späten Mittelalter war die dreiarmige Werra durch zwei Brücken überspannt, die durch Hochwasser 1342 zerstört wurden. Ab 1600 wurden beide Brücken zu einem 17-bögigen Bauwerk mit über 200 Metern Länge verbunden. 1802-1806 reduzierte man die Brücke auf die heute noch vorhandenen 14 Bögen. 1813 erfolgte der Rückzug der bei Leipzig geschlagenen Armee Napoleons über Vacha. Die deutsche Wehrmacht sprengte 1945 zwei Bögen. Seit den 1950er-Jahren benutzten nur noch die Grenztruppen die Brücke. Dies änderte sich erst am 12.11.1989 mit der Grenzöffnung zwischen Vacha und Philippsthal“. (O-Text Ende).

Als „Brücke der Einheit“ wird die Werrabrücke seit dem 3. Oktober 1990 bezeichnet. Am anderen Ufer der Werra finden wir auch den „Einheitsmann“, den wir Mittelhessen auch in Gießen (Schiffenberger Tal, am Volksbankgebäude) schon gesehen haben. Die unübersehbare Figur aus glasfaserverstärktem Polyester entstand im Rahmen eines Kunstprojekts zum 25-jährigen Einheitsjubiläum. Der Schöpfer dieser Figur, Otmar Hörl, ließ sich vom Ost-Berliner Ampelmännchen inspirieren. Wir überqueren die Bundesstraße B 62 und kommen nach Vacha.

Wir überqueren die Bundesstraße 62, die innerorts in nördlicher Richtung Hersfelder Straße und in südlicher Straße Werrastraße heißt, gehen durch das „Untertor“, so sich das historische Pfarrhaus befindet. Dreiteilige, dunkelblau untermalte Wegweiser mit QR-Codes und mit den Namen örtlicher Persönlichkeiten versehene Infotafeln begleiten uns auf einem historischen Rundgang.

Die erste dieser Tafeln erinnert an einen Söldner, der im 30-jährigen Krieg seine Erlebnisse über den Zeitraum von 24 Jahren notierte und somit ein wichtiges Dokument dieser Zeit hinterließ. Peter Hagendorf legte im Laufe seines Söldnerlebens von 1625 bis 1649 zu Fuß und zu Pferd 24.000 Kilometer durch Europa zurück und verlor dabei Frau und Kinder. Hier ein Auszug aus dem Jahr 1640 (O-Text): „Um diese Zeit ist bei uns solch große Kälte gewesen, dass wir im Lager bald sind erfroren. Auf der Straße sind diesmal 3 Personen erfroren, ein Reiter, ein Weib und ein Junge. Dies ist geschehen am 7. August im Jahr 1640. Bei Vacha aufgebrochen und gezogen nach Hersfeld (…) Zitat Ende.

Weiter erfährt man auf dieser Tafel, dass die Stadt Vacha im Dreißigjährigen Krieg immer wieder von wechselnden Kriegsparteien eingenommen und besetzt wurde. Die zahlreichen Truppendurchzüge führten zu furchtbaren Hungersnöten und Epidemien wie die Pest. Von 415 Familien um 1600 blieben bis 1642 nur 43 übrig. Die gesamte Rhön hatte durch diesen Krieg mehr als 50 Prozent ihrer Bevölkerung verloren.

Ein Wahrzeichen der Stadt ist der 22 Meter hohe Storchenturm, zu dem auf dieser Tafel folgendes zu lesen ist: „Er stammt aus dem 15. Jahrhundert und wurde direkt vor die ältere Stadtmauer gesetzt. Im 30-jährigen Krieg war er ein hervorragender Aussichtsturm, um nahende Feinde auszumachen. Seinen Namen erhielt der Turm durch ein Storchennest, dass bereits um 1900 auf dem Turmhelm entdeckt wurde und nach längerer Unterbrechung seit 2000 wieder durch Storchenpaare besetzt ist.

Elisabeth von Thüringen betitelt eine weitere Infotafel auf dem historischen Rundweg. Der Landesfürstin, die sich stets in den Dienst von Kranken und Bedürftigen stellte, ist eine kleine Kirche im Sandweg gewidmet. Sie wurde 1906/7 erbaut, nachdem durch die beginnende Industrialisierung gegen Ende des 19. Jahrhunderts immer mehr katholische Christen nach Vacha kamen und der provisorische Gebetsraum in der „Alten Münze“ am Markt aus allen Nähten zu platzen drohte.

Die „Alte Münze“ lernten wir wenige Schritte später im Stadtzentrum kennen.

Vacha, 1186 gegründet ist die älteste Stadt im südlichen Thüringen. Allein rund um den Markt findet man eine Vielzahl historischer Baudenkmäler. Zu diesen zählt die zurzeit zu Baumaßnahmen eingerüstete Widmarckt. Das 1613 vom Hersfelder Zimmermeister Hans Weber erbaute Prunkstück wird seit 1911 als Rathaus genutzt.

Mit dem aus dem gleichen Jahr stammenden Vitusbrunnen, dem Hotel Adler, dem Amtsgericht und der Einhorn-Apotheke prägen sie den oberen Markt.

Auch diese Angaben haben wir inhaltlich einer Infotafel unmittelbar vor der „Alten Münze“ entnommen. Deren Anfänge reichen bis ins 12. Jahrhundert zurück, als in Vacha noch die Äbte von Fulda regierten.

Auch finden wir den Hinweis auf eine Familienwanderung mit dem Titel „Vietche im Töpfche“. Diese kleine Zeitreise (5,5 km) erinnert an den tapferen Nachtwächter Vietche, der vor 400 Jahren die feindlichen Lager erkundete und nach seiner Gefangennahme in einen Topf mit siedendem Öl geworfen wurde. Dank der schützenden Hände des Heiligen Vitus, der selbst als 12-Jähriger auf diese Weise den Märtyrertod fand, überlebte er unversehrt.

Am Markt in Vacha endet die Etappe. Wir sind auf unseren Rundweg über den Lohberg zurück nach Philippsthal gewandert.

Einkehrmöglichkeit (Unser Tipp aufgrund günstiger Öffnungszeiten)

Restaurant Kellerhaus, Inh. Ravinder Pal

Bahnhofstraße 14, 36404 Vacha

Tel. 036962-53001 – www.kellerhaus-vacha.de

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