Über den Weidehof zum Heiligen Stein (4,6 km)
Eine kleine Wandergruppe des Breitensportclubs Lich machte sich am 21. August 2021 auf eine weitere Erkundungstour auf den Kulturhistorischen Wanderwegen (KHW) im Licher Stadtteil Muschenheim. Nachdem der Rundweg KHW R2 (4,1 km) wenige Tage zuvor erkundet wurde, stand an diesem Samstag der Rundweg R2 auf dem Plan.
Wie alle vier Kulturhistorischen Wege beginnt auch der R 3 auf dem Rathausplatz im Zentrum des Dorfes. Auf der Homepage des örtlichen Naturschutzvereins wird diese Runde als „Tour für Genießer“ umschrieben. Der Genuss bezieht sich nicht etwa auf vorhandene Gastronomie (die auf dieser Strecke nicht vorhanden ist), sondern auf die Ruhe und die Ausblicke auf dem Weg zum Megalithgrab Heiliger Stein. Bei guter Sicht kann man weit über die Burg Münzenberg hinaus tief in den Taunus und ebenso in den Vogelsberg blicken.
Der Weg führte unser Wanderquartett in südöstlicher Richtung in die Hessengasse.
Ein besonders schmuckes altes Hoftor entdecken wir am Haus Nr. 13 und einige Schritte weiter bestaunen wir einen Feuerwehr-Oldtimer, der zuletzt als Hochzeitsgefährt im Einsatz war.
Die Hessengasse führt den Straßenverkehr weiter nach Bettenhausen, einem weiteren Licher Stadtteil. Am Ortsende verlassen wir jedoch die Straße und gehen in südöstlicher Richtung weiter. Dort finden wir eine der Haupt-Infotafeln zu den Kulturhistorischen Wanderwegen, die unter dem Titel „von der Steinzeit in die Moderne“ stehen.
Auf dem asphaltierten Wirtschaftsweg nähern wir uns dem Weidehof. Am rechten Wegrand entdecken wir einen so genannten Blühstreifen. Auf Plakaten wird hier deutlich gemacht, wie Hessens Landwirte und Imker die Biodiversität in der Agrarlandschaft erhöhen.
Am Weidehof angekommen, bewundern wir ein bunt bemaltes Silo, in dem Muschenheimer Wahrzeichen und Einblicke in die Geschichte eindrucksvoll festgehalten wurden.
Margit erhascht sich noch ein Prospekt des Weidehofes, der nach dem Motto „Aus der Region – für die Region“ umliegende Märkte u.a. mit Fleisch vom Weideochsen beliefert und Partner des Projekts „Hessische Milch- und Käsestraße“ geworden ist. Mehr Infos: Bilder – weidehof-weils Webseite! (jimdofree.com)
Leicht ansteigend führt uns der Weg an einen Wanderparkplatz. Hier stellen wir fest, das ein Wegweiser des KHW wohl nicht mehr an seiner ursprünglichen Stellen steht. So wie er nunmehr an einem Obstbaum befestigt wurde, könnte er Wanderer auf die Falsche Spur bringen. Sicherlich wird dieses Problem bald behoben sein.
Vom Parkplatz führt ein breiter Schotterweg weiter aufwärts, die Burg Münzenberg kommt wieder in Sicht. Ortskundige wissen, dass es vom Parkplatz zum Heiligen Stein einen kürzeren Weg nach links über die Wiese gibt.
Am Megalithgrab Heiliger Stein haben wir eine große Pause eingelegt. Genug Zeit, die Infotafeln zu dieser urgeschichtlichen Begräbnisstätte zu studieren. Wir stehen vor einem mächtigen Steinkammergrab aus der Jungsteinzeit.
Unter dem Titel „Ein Grab und seine Geschichte“ ist folgendes zu lesen: „Kernstück des Megalithgrabes ist die Grabkammer mit drei Deckensteinen und einem Zugang von Norden. Sie ist mit einer Steinpackung ansteigend bis zur Höhe von etwa 80 cm umgeben. Die Deckenplatten wiegen 6 bis 7 Tonnen. Die mittlere besteht aus Konglomeratgestein, die beiden anderen aus Quarzit. Die Steine können nicht vor Ort gebrochen worden sein: bei dem hier anstehenden Gestein handelt es sich um Basalt. Sie wurden vielmehr bei Münzenberg gebrochen und über 2 km mit Rollen oder Schlitten transportiert. Dabei mussten vom Tal der Wetter zum Wetterbergskopf ein Höhenunterschied von 33 m überwunden werden“. (O-Text Ende)
Weiter wird auf der Tafel erläutert, dass es sich um eine mehrperiodige Anlage handelt, zu deren ältere Konstruktionen der 7 Tonnen schwere Menhir aus Quarzit gehört. Er hatte einst eine Höhe von vier Metern.
Auf einer zweiten Tafel erfahren wir, dass das Grab um 3000 v. Chr. errichtet wurde. Man geht davon aus, dass es sich um ein Kollektivgrab einer Siedlungsgemeinschaft handelte.
Auch wird dem Wanderer erläutert, wie dieser archäologische Schatz ans Tageslicht gehoben wurde. Der Wissenschaftler Friedrich Kofler legte bereits im Jahr 1893 das noch mit Erde bedeckte Grab frei und ließ es drei Jahre später als Denkmal der Urgeschichte herrichten. Dazu mussten hundert Gespanne Erdmaterial abgefahren werden.
Nach der Pause wandern wir weiter auf dem Wetterbergskopf zum Waldrand hinauf und biegen dort links ab. Längst läuft auch der KHW Nr. 1 gleichauf mit der Nr. 3. Wir müssen noch eine letzte kleine Steigung überwinden und biegen dann nach links in Richtung Vorderwald ab.
Es geht nun abwärts und bald haben wir Punkt erreicht, wo sich die Rundwege 1 und 3 wieder trennen. Der RW 3 führt nun wieder an den Weidehof und von dort verläuft die Strecke exakt wie auf dem Hinweg.
Wir wollen aber noch die zweite Attraktion dieser Runde besichtigen und gehen ein Stück auf dem RW 1 weiter.
An einem Hochstand, einer Infotafel zu den einheimischen Laubbäumen und an einer merkwürdigen Ansammlung von Baumstümpfen vorbei biegen wir nach rechts in den Vorderwald ein und finden dann die Infotafeln zu den hier befindlichen Hügelgräbern, auf den Spuren der Germanen im Keltenland.
Nach wenigen Schritten im Vorderwald finden wir einen Infopunkt mit zwei Tafeln, die und erklären, dass wir uns in einem „Friedhof für Jahrtausende“ befinden. 40 Hügel sollen sich hier befinden, die Zeugnis davon geben, dass dieser Wald von der Bronzezeit bis in die Spätlaténezeit als Friedhof genutzt wurde. Im Auftrag des Oberhessischen Museums in Gießen wurden hier bereits von 1918 bis 1920 Ausgrabungen durchgeführt.
Die zahlreichen und vielfältigen Grabfunde sind Zeugnis der machtpolitischen Wandlungen in unserer Region. Dem Niedergang der keltischen Kultur und der Verschiebung germanischer Siedlungsgebiete folgte das Erstarken der Römer als künftige Großmacht.
Nur wenige Schritte weiter stehen wir vor einem vollständig ausgegrabenen Hügelgrab – dem Hügel 24. Diese Stätte wurde erst 2019 von der Arbeitsgemeinschaft Archäologie beim Oberhessischen Geschichtsverein Gießen und dem Dorfverein Muschenheim freigelegt. Dadurch wurde der Kulturhistorische Wanderweg um einen weiteren hochwertigen Anlaufpunkt bereichert.
An diesem Punkt besteht für Wanderer auch die Möglichkeit, auf den „Residenzenring“ (Gelbe Markierung) einzusteigen. Dieser Rund 70 km lange Rundweg führt durch die Residenzstädte Lich, Hungen, Laubach und Grünberg.
Nach unserem Abstecher zu den Hügelgräbern im Vorderwald kehren wir auf den Wanderweg R 3 zurück und gelangen über den Weidehof wieder zurück ans Ziel.
Zuletzt möchten wir allen Natur- und Kulturinteressierten die Homepage des Naturschutzvereins Muschenheim empfehlen. Hier erfahrt Ihr noch wesentlich mehr über die KHW-Rundwege und über den örtlichen Naturschutz.
Kontaktdaten (Stand 26.8.2021)
Naturschutzverein Muschenheim e.V.
1. Vorsitzender Karl-Georg Opper
Im Kirchboden 14
35423 Lich-Muschenheim
Fon: 0 64 04 / 42 13 | 01 62 / 753 70 32
Mail: kontakt@natur-muschenheim.de