Spaziergang durch die Ursprünglichkeit mitteleuropäischer Seenlandschaften
Das hessische Borken: Eine nordhessische Gemeinde mit 15 Stadtteilen ist vielen bislang nur als zweitletzte Ausfahrt der Autobahn A 49 von Kassel in Richtung Marburg ein Begriff. Die Älteren erinnern sich vielleicht noch an das schwere Grubenunglück vom 1. Juni 1988, bei dem Borken in die weltweiten Schlagzeilen geriet. Bei einer Kohlenstaubexplosion im Braunkohlentiefbaubetrieb Stolzenbach starben 51 Bergleute und Handwerker. Fast ein Drittel der Borkener Gemarkung wurde bis in die 90er Jahre bergbaulich in Anspruch genommen. Zurück blieben Tagebaurestlöcher, Senkungsgebiete, Industriebrachen und eine Vielzahl montanhistorischer Hinterlassenschaften, die nunmehr touristisch in Szene gesetzt werden. Doch es gibt nicht nur diese touristische Besonderheit: Neben dem Hessischen Braunkohle- und Bergbaumuseum wirbt die Stadt heute mit einer einzigartigen Flora und Fauna im Borkener Seenland. Eine Vielzahl von attraktiven und dank geringer Höhenunterschiede für jedermann geeignete Rad- und Wanderwege sind entstanden. Einer von diesen ist der 7,2 Kilometer lange neue Rundweg um den Borkener See.
Mit dem großen Engagement der Stadt Borken, der Bundesrepublik Deutschland und der Stiftung Hessischer Naturschutz wurde der 139 Hektar große Borkener See zum Kernstück eines rund 350 Hektar großen Naturschutzgebietes, das nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa von großer Bedeutung ist. Das Wasser, das sich im ehemaligen Tageabau geammelt hat, ist fast ohne Nährstoffe, leicht basisch getönt und kristalklar.
Wie aus einem neuzeitlichen Werbeprospekt der Stadt Borken zu erfahren ist, gelangt man an den Ufern und in den Tiefen des Borkener Sees zur Ursprünglichkeit mitteleuropäischer Seenlandschaften zurück. Hier ein Ausschnitt aus dem Originaltext:
ZITAT: „(…) In eine Zeit, in der Mensch und Evolution die Gewässer und ihre Vegetation noch nicht ge- und verformt hatten. Hier kann man sehen, wie die Tier- und Pflanzenwelt vor Jahtrtausenden Besitz von den eiszeitlich freigeräumten Ebenen ergriffen hat“ (ZITAT ENDE). So sei das Naturschutzgebiet Borkener See eine Idylle der stillen Erholung, eine Oase für Menschen, Tiere und Pflanzen“.
Der Borkener See ist nicht jener See, den man gleich von der Autobahn A 49 sehen kann. Hier handelt es sich um den Naturbadesee Stochelache, den wir in einem späteren Beitrag vorstellen möchten. Um auf den neuen Wanderweg rund um den Borkener See zu gelangen, folgt man in der Kernstadt Borken (5.500 Einrohner) den Wegweisern zum Hallenbad (siehe Navi-Anschrift unten).
Das Hallenbad ist einer von mehreren Einstiegspunkten des Wanderweges.
Vom Parkplatz am Hallenbad finden wir schnell auf den Weg und stehen bald vor einigen Infotafeln. Der Pfad in Richtung Seeufer stellt uns bald vor die Wahl, den See im oder gegen den Uhrzeigersinn zu umwandern. Wir haben uns zunächst gegen den Uhrzeigersinn entschieden.
Die Tafel weist darauf hin, dass man sich nicht nur in einem Naturschutzgebiet, sondern auch in einem Europäischen Flora-Fauna-Habitat und einem Europäischen Vogelschutzgebiet befindet. Natürlich sind hier Hunde an die Leine zu nehmen. Zum Schutz der seltenen Tier- und Pflanzenarten werden die Besucher aufgefprdert, auf den Wegen zu bleiben und zur Beobachtung einen der fünf Aussichtsstände rund um den See zu nutzen.
Obwohl sich die Vegetation Anfang März (2018) noch längst nicht von ihrer schönsten Seite präsentierte, durften wir die einzigartige Farben und zahlreiche Besonderheiten dieser Landschaft bestaunen. An jeder Verzweigung bietet sich die Gelegenheit, die Wanderour noch um einen Abstecher zu verlängern. Wir umwandern aus westlicher Richtung kommend zunächst das Südufer des Sees. Hier verläuft der Weg zunächst in einem Abstand von rund 100 Metern vom Seeufer.
Der Wanderweg verläuft in mehreren Abschnitten gleichauf mit dem 23 Kilometer langen Seen Rundweg für Radfahrer. Bei entsprechender Kondoition und genügend Zeit ist dieser Radweg auch als Fußweg natürlich machbar. Dabei lernt man auch die anderen Seen (Singliser See, Gombether See, Naturbadesee Stockelache etc.) kennen im Borkener Seenland kennen. Schnell ist der erste Aussichtsstand erreicht. Man blickt auf eine riesige Graslandschaft im Süden und im Norden scheint das Seeufer etwas näher gerückt zu sein.
Auf dem weiteren Weg gelangt man an das Ostufer. Zunächst aber rückt das Ufer in immer weitere Ferne. Schließlich erreicht man den zweiten Aussichtsturm. Deutlich höher als der erste und näher am Ufer.
Leider haben hier unliebsame Zeitgenossen die Infotafeln mit Farbe übersprüht. Vermutlich haben auch dieselben Vandalen auch den Unrat hinterlassen.
Ein plötzliches Unwetter zwingt uns an diesem späten Nachmittag zur Umkehr nach etwa 1,7 km. Doch so schnell, wie der Wolkenbruch kam, ging er auch wieder. Auf dem Rückweg stellten wir fest, wie viele interessante Ausblicke wir aus der Gegenrichtung gar nicht wahrgenommen haben.
In Höhe einer Bachbrücke sehen wir am Seeufer eine kleine Herde schwarzwolliger Rinder am Seeufer grasen. Die waren uns auf dem Hinweg gar nicht aufgefallen.
Schnell war der Startpunkt wieder erreicht und weil der Regen wieder strahlendem Sonnenschein gewichen war, gingen wir nun in der anderen Richtung (im Uhrzeigersinn) weiter.
Etwas nördlich von diesem Einstiegspunkt erreichen wir das Gebiet am Magerrasen Giesenbühl. Ein Schild weist darauf hin, dass dieser kleine Hügel vom Forst- und Umweltdienst Schwalm-Eder gepflegt wird.
Weiter am westlichen Ufer führt uns der Weg nach Norden. Tatsächlich hat uns der Weg nun ein paar Höhenmeter abverlangt. Wir kommen in einen lichten Wald, der vornehmlich aus Birken besteht.
Nach etwa einem Kilometer gelangen wir zum schönsten Aussichtpunkt, der etwas abseits (etwa 50 Meter) abseits des Weges liegt. Es ist eine große Schutzhütte auf einer Anhöhe mit tollen Ausblicken auf ein Bucht, die sich sicherlich im Sommer nicht so einsam und verlassen präsentiert.
In allen Richtungen gibt es etwas zu sehen und zu bestaunen. Die Stille wird nur durch die Laute der vielen Wasservögel auf dem teilweise noch zugefrorenen See unterbrochen. Das war also nicht übertrieben mit der „Oase für Menschen und Tiere“.
Nicht das Wetter, aber die Uhrzeit ist es nun, die uns zum Umkehren veranlasst. Leider waren die Zeitspannen für solche Erkundungstouren nur sehr knapp bemessen.
Zusammengerechnet sind wir sicherlich mehr als 7,2 Kilometer am See gewandert, ohne ihn jedoch vollständig umrundet zu haben. Doch das, was wir auf dieser Erkundung gesehen und erlebt haben, reicht aus für eine aufrichtige Weiterempfehlung.
Zum Startpunkt:
Hallenbad Borken
Westrandstraße 40
34582 Borken/Hessen
Telefon 05682-2512