Größtes Kultur- und Kurzentrum Kleinasiens
(Aktualitätshinweis: Dieser Beitrag stammt von einer Reise im Jahr 2007)
Ein Besuch der berühmten Kalksinterterrassen von Pamukkale ist untrennbar mit einem Bummel durch die wechselvolle Geschichte Kleinasiens verbunden. Auf dem Travertinplateau von Pamukkale findet man die Ruinen der antiken griechischen Stadt Hierapolis, die schon im Altertum für ihre warmen Quellen und als Kurort bekannt war. Benannt wurde die Stadt wahrscheinlich nach Hiera, der Gemahlin des Telephos, dem legendären Stadtgründer Pergamons. Hierapolis bedeutet jedoch in der griechischen Sprache zugleich auch „heilige Stadt“. Marmorkapitelle weisen auf die einstige große Bedeutung von Hierapolis hin. Es war Zentrum des Kybelekultes, der Verehrung der großen Mutter Erde. Die Stadt hatte zu ihren Glanzzeiten schätzungsweise 100.000 Einwohner. Im Jahr 1988 wurden Hierapolis und Pamukkale auf die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen.
Hierapolis, 19 Kilometer nördlich von der Provinzhauptstadt Denizli in Anatolien gelegen, wäre mit Sicherheit nie ohne die heißen Quellen am Fuße des Berges Mäander entstanden. Darüber sind sich Experten in allen zugänglichen Abhandlungen einig. In Bezug auf die Deutung und Zeitangaben zu einzelnen Bauwerken und Fundstücken gibt es jedoch deutliche Unterschiede. Und immer wieder zeigt sich, dass Erkenntnisse von gestern durch neue archäologische Entdeckungen und Untersuchungen widerlegt werden. Ähnlich wie in Ephesos ist auch von Hierapolis nur ein kleiner Teil durch Ausgrabungen an das Tageslicht gelangt. Während sich in Ephesos Archäologen aus Österreich um wissenschaftliche Erkenntnisse bemühen, graben sich in Hierapolis seit 1957 italienische Hochschulteams durch die Geschichte. Und diese begann nach einer Zeittafel aus dem Internetportal www.kleinasien.com zufolge zwischen 188 und 150 vor Christus, als Hierapolis auf Befehl von Eumenes II., dem König von Pergamon, als Grenzfestung am Rande des Lykos-Tals und an der Straße im Hermos-Tal von Sardeis nach Apameia errichtet wurde.
Andere Quellen führen den alten Kybelekult als Beleg dafür auf, dass die Stadt wohl schon früher bestand. Es gebe Zeugnisse dafür, dass sie bereits im 3. Jahrhundert vor Christus durch Antiochos II. neu gegründet wurde, ebenso wie ihre Nachbarstadt Laodikeia am Lykos. Ältere Siedlungsspuren seien durch dicke Travertinschichten überdeckt. Übereinstimmend wird von der testamentarische Übereignung des pergamenischen Reiches an das Römische Reich durch Attalos III. im Jahre 133 vor Christus berichtet. Seit 129 vor Christus gehörte demzufolge auch Hierapolis der römischen Provinz Asia an. So hatte sich die römische Badekultur vor zweitausend Jahren bis nach Kleinasien ausgebreitet. Fest steht, dass die Stadt durch ein Erdbeben völlig zerstört, danach aber in erweiterter Gestalt wieder aufgebaut wurde. Hier schwanken die Zeitangaben zwischen den Jahren 17 und 60 nach Christus.
Die eindrucksvollen Thermalbäder, Brunnen, Theater und Tempel von Hierapolis entstanden zum größten Teil im ersten und zweiten Jahrhundert nach Christus. Aus dieser Zeit stammen auch die zahlreichen Sarkophage und Gräber. Es wird berichtet, dass der Apostel Philippus in das heidnische Hierapolis kam und im Jahr 87 den Martyrertod starb. Der Kirchenvater Papias von Hierapolis war hier im zweiten Jahrhundert Bischof. Seine Glanzzeiten erlebte Hierapolis in den Jahren 193-211 und 211-217 unter den römischen Kaisern Septimius Severus und Caracalla. Danach überspringt die Geschichtsschreibung ganze sechs Jahrhunderte und führt Hierapolis um 900 als Bischofssitz von Leo dem Weisen auf.
Die mittelalterliche Festung
Die mittelalterliche Festung ist das größte Monument von Hierapolis. Sie besteht aus einer Verteidigungsmauer mit drei zweigeschossigen Türmen, die eine Landzunge oberhalb der Travertinen einschloss und von der das gesamte Lykos-Tal gut zu überschauen war. Spuren eines Kreiswalls sind erkennbar, ebenso wie die steinernen Stufen, die zu einem Gehweg entlang der Mauern führt. Die Konstruktion der Festung stammt aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, als sich Byzantiner und Selcuken harte Auseinandersetzungen lieferten. Der Überlieferung zufolge wurde die Festung nach einem Erdbeben Ende des 14. Jahrhunderts aufgegeben. Danach dienten die Ruinen von Hierapolis über Jahrhunderte Schafhirten und Bauern als Unterschlupf. Bereits 1887 begannen deutsche Archäologen mit ersten Ausgrabungen und seit 1957 liegt die wissenschaftliche Ausarbeitung in den Händen italienischer Hochschulteams.
Arkadenstraße und Nekropole
Zu den herausragenden Sehenswürdigkeiten von Hierapolis gehört die Arkadenstraße.
Sie hatte eine Länge von 1.200 Metern und wurde im 85 dem römischen Kaiser Domitian geweiht. Am Ende dieser Straße befindet sich das gut erhaltene Domitian-Tor, das aus drei gewölbten Durchgängen und zwei Rundtürmen besteht. Durch dieses kommt man zur Nekropole von Hierapolis. Sie ist mit einem Kilometer Länge und rund 1200 Gräbern einer der größten Friedhöfe der Antike und die größte Nekropole der Türkei. Alle kleinasiatischen Grabformen wie Sarkophage, Grabtempelchen und Tumuli (Tumulus = Grabhügel) sind hier zu finden. Hunderte von Inschriften wurden ausfindig gemacht. Ein Tumulusgrab besteht aus einer runden Umfassungsmauer und einer Erdaufschüttung. Im Inneren von einem Tumulusgrab befindet sich eine Grabkammer mit Bänken für die Toten. Die rechteckigen Grabtempelchen (Grabnaiskos) haben durch ihr Satteldach das Erscheinungsbild eines kleinen Hauses.
Das Theater von Hierapolis
Das Freilichttheater mit seinen 50 Sitzreihen und 100 Metern Frontlänge gehört zu den beeindruckendsten Bauwerken von Hierapolis. Es ist die am besten erhaltene Spielstätte in Kleinasien und bot cirka 15.000 Zuschauern Platz. Manchen Quellen zufolge wurde es im 2. Jahrhundert nach Christus, zur Zeit Hadrians, erbaut. Aus anderen Abhandlungen geht hervor, dass es im 3. Jahrhundert während der Regentschaft von Septimius Severus errichtet wurde und ein früheres Theater, vermutlich aus der Zeit von Flavian, umschloss. Sicher ist, dass das Theater bis in die spätrömische Zeit genutzt wurde. Die Bühnenwand war ursprünglich 4 Meter hoch, in ihrer Mitte ist die Loge zu erkennen. Löwensymbole an den Sitzlehnen machen deutlich, dass diese Sitze Personen von hohem Rang vorbehalten waren. Statuen und Reliefs zeigen die Geburtsszene und die Wagenfahrt des Dionysos. Kreisförmige Verzierungen huldigen vermutlich den Göttern Apollo und Artemis. Die Informationstafel vor Ort wird dem Normalbesucher ohne Latein-Kenntnisse wenig hilfreich sein. Es sei denn, er kann mit Begriffen wie Cavea, Diazoma, Exedra, Scaena oder Logheion etwas anfangen.
Eine Inschrift aus dem Jahr 352 n. Chr. belegt die Restauration der „Svaenae frons“.
Die heilige Stätte des Apollo
Der monumentale Komplex, der dem Hauptgott Apollo gewidmet wurde, liegt auf unterschiedlichen Terrassen, die durch Treppengänge aus Marmor verbunden wurden. Die sehr weitläufigen unteren Terrassen werden von einer ebenfalls aus Marmor erbauten dorischen Säulenhalle umfasst. Inmitten dieses Komplexes wurde auf einem Podium ein Gebäude errichtet, das als Tempel oder zumindest als „Stätte mit orakelhaften Funktionen“ erachtet wurde. Dieses Gebäude umschloss das „Plutonion“, eine Öffnung zur Unterwelt, aus der nach alten Quellen giftige Gase ausströmten. Der ionische Tempel des Apollo, von dem nur noch die Fundamente zu sehen sind, liegt genau im Zentrum der heiligen Stätte. Ein drittes Gebäude im nördlichen Bereich des Geländes wurde erst in jüngerer Zeit entdeckt. Die Monumente entstanden in der Zeit vom ersten bis dritten Jahrhundert nach Christus.