Teil 1: Zu den drei Burgen von Ribeauville
Für alle Besucher der Stadt Ribeauville ist das Prospekt „Ribeauville – ein Geschenk der Vergangenheit“ ein wertvoller Leitfaden. Wer es nicht in seiner Unterkunft bekommt, kann es beim Tourismusbüro (Office de Tourisme) eingangs der Grand Rue kostenlos erhalten. Für 7 Euro bekommt man auch ein kleines Paket mit 12 herausragenden Wandervorschlägen der „Pays de Ribeauvillé & Riquewihr“. Besonders interessant ist der Wandervorschlag Nr. 4, der zu den bemerkenswerten drei Burgen hinauf führt.
In unserem erstgenannten Prospekt finden wir zu den drei Burgen folgende Hinweise (O-Text): „Unter den bildlichen Darstellungen des Elsass ist Ribeauvillé bekannt für seine drei Burgen, die – auf demselben Berg liegend – mit ihren beeindruckenden Silhouetten die Stadt und die Ebene dominieren.
Die Sankt-Ulrichsburg, bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts Residenz der mächtigen Herren von Ribeaupierre, ist eine der bemerkenswertesten Befestigungsbauten der Region. Zusammen mit den Burgen Haut-Ribeaupierre (12. Jahrhundert) und Giersberg (13. Jahrhundert) bilden sie ein feudales Ensemble ersten Ranges unter den geschichtsträchtigen Stätten des Elsass.“ (O-Text ENDE).
Wer sich diese drei Burgen aus der Nähe anschauen möchte, muss eine anstrengende Wandertour in Kauf nehmen. Eine Anstiegssumme von 653 Höhenmetern und eine Höhendifferenz von 463 Metern erfordern schon ein gewisses Maß an Kondition.
Einen kostenlosen Parkplatz finde ich in der „Rue du 3 Décembre“. Über die Brücke des Strengbachs und die „Route de Ste-Marie-aux-mines“ gelange ich schnell zum „Place de la République“. Vor der „Passage Jeanelle“ finde ich den ersten Wegweiser meiner Drei-Burgen-Tour und eine Wandertafel.
Zum größten Teil verläuft meine 7,8 Kilometer lange Wandertour auf dem GR 5 (Roter Balken). Der Fernwanderweg Grand Randonnée 5 gehört zu den schönsten und spektakulärsten Fernwanderwegen Europas und ist über 2000 Kilometer lang. Er verbindet die Nordsee mit dem Mittelmeer und ist Teil des Europa-Fernwanderweges E 2, der in Schottland beginnt.
Im ersten Abschnitt folge ich auch dem gelben Plus-Symbol in Richtung Dusenbach und Schlusselstein. Die Passage Jeanelle gibt mir einen kleinen Vorgeschmack auf die steilen Anstiege, die auf mich zukommen sollen. Was sich hinter den alten Gemäuern mit Rundturm und einem hohen Stahltor befindet, konnte ich bislang nicht herausfinden.
Schon nach wenigen Hundert Metern Anstieg kann ich die ganze Stadt Ribeauville überblicken. Es geht in die Weinberge. Zunächst werfe ich einen Blick in meine Wanderkarte Nr. 4 und finde hier folgende Erläuterung (O-Text): „Auf schattigen Wegen des Tals von Ribeauville verbindet dieser Weg die drei berühmten Burgen, welche die Stadt majestätisch überragen. Eine Variante der Route führt auch zur Abtei Dusenbach, einem bedeutenden Wallfahrtsort im Elsass. Als Bonus: Herrliche Aussicht über die Rheinebene.“ (O-Text ENDE)
Von anderen Quellen wird erklärt, dass man bei passendem Wetter sogar die Schweizer Alpen sehen kann. Und das Wetter passt. Es ist ein goldener Oktobertag. Schon bald erreiche ich den Trennpunkt der Wegvarianten. Auf den Abstecher nach Dusenbach verzichte ich zunächst. Ich biege scharf nach links ab und folge dem befestigten Pfad in die Weinberge, die zur Domaine Jean Sipp gehören.
Schon bald ist Schluss mit dem gepflasterten Weg und schützendem Holzgeländer. Nun wird er steinig und steiler. Nach einer Linkskurve erblicke ich überraschend eine Schutzhütte mit herrlicher Aussicht.
Hier genehmige ich mir eine Pause und blicke hinab auf die geschichtsträchtige Stadt, über die im eingangs erwähnten Prospekt folgendes zu lesen ist (O-Text): „Der erste Name der Stadt erscheint im 8. Jahrhundert zur Herrschaftszeit Pippins des Kurzen: Radbaldovillare.
In einem Dokument, datiert vom 21. März des Jahres 1084, schenkte Kaiser Heinrich IV. von Franken (1065-1079) dem Bischof von Basel ein Stück Land namens Rapoldestein. Um 1185 überließ dieser es einem seiner Vasallen, dem Herren Egenolf von Urslingen aus Württemberg.“ (O-Text Ende).
Und beim Blick nach Westen sehe ich die mächtige Sankt-Ulrichs-Burg in ganzer Pracht.
Es sieht fast so aus, als wäre ein Großteil der Höhenmeter bereits überwunden. Doch dieser Eindruck täuscht gewaltig.
Der Weg wird noch ein bisschen steiler und führt an ein umzäuntes Gelände. Einer Info- oder Werbetafel zufolge schützt hier ein Obstbauer seine Äpfel vor fremdem Zugriff. Und dann stehe ich vor einer Streckenteilung.
Nach links würde ich dem roten Balken (GR 5) zur Burg Saint-Ulrich gelangen. Nach einem Blick auf die Karte entscheide ich mich, der rot-weiß-roten Markierungen nach rechts in Richtung Chateau Giersberg (direct) zu folgen. Ich wollte nicht das Risiko eingehen, eine der drei Burgen versehentlich zu umgehen.
Dieser Direktweg durch artenreichen Mischwald wird noch ein bisschen anstrengender als der Abschnitt zuvor. Das steilste Stück befindet sich in einem Hohlweg. Verlaufen kann man sich hier nicht, es gibt keinerlei Verzweigungen. Einige Hindernisse und Stolperfallen in Form von Wurzeln und umgestürzten Bäumen sind zu überwinden. Dann verläuft der Weg plötzlich nicht mehr ansteigend. Man erreicht einen breiten Forstweg, geht ein Stück nach rechts und steht vor der Burg Giersberg.
Eine Infotafel verrät mir, dass ich eine Höhe von 528 Metern erreicht habe. Gleichzeit kann ich erkennen, dass Sankt-Ulrichsburg etwa auf gleicher Höhe liegt. Ich nehme mir die Zeit, um die Burg Giersberg erst einmal genauer zu betrachten.
Die Infotafel ist leider nur in französischer Sprache verfasst. Dass die Burg Giersberg, die zeitweise auch Burg Geyersberg, Gyrsberg und Klein-Rappoldstein genannt wurde, in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts von den Herren von Rappoldstein als Wohnsitz errichtet wurde, war den Prospekten schon zu entnehmen.
Mehr Infos fand ich wie so oft bei wikipedia. Es handelt sich um die Ruine einer Spornburg, die 1288 erstmals urkundlich erwähnt wurde und im 14. und 15. Jahrhundert den Herren von Girsberg gehörte. Sie thront auf dem 60 Meter langen Plateau eines 20 Meter aufragenden Granitfelsen.
Die Ruine besteht aus Resten der einstigen Kernburg und einer etwas tiefer gelegenen Vorburg. Die kleinste der drei Burgen wurde im ersten Viertel des 15. Jahrhunderts bei einer Fehde von den Herren von Rappoltstein belagert und eingenommen. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurde sie verlassen und dem Verfall preisgegeben.
Bei Wikipedia habe ich nicht nur viele Infos zur Geschichte gefunden, sondern auch eine Sage um die Rappoldsteiner Burgen. Hier der Wortlauf (O-Text): „Zwei Rappoltsteiner Brüder, die Herren der Burg Giersberg und der Ulrichsburg, waren früh morgens zur Jagd verabredet.
Am Abend zuvor hatten sie vereinbart, dass derjenige, der zuerst erwachen würde, den anderen durch einen Bolzenschuss an dessen Fensterladen wecken würde. Am Jagdmorgen wähnte sich der Besitzer der Ulrichsburg als derjenige, der zuerst erwacht war, und machte sich am Fenster bereit, einen Schuss mit seiner Armbrust gen Girsberg zu feuern. Doch just in dem Moment, in dem er seinen eigenen Fensterladen öffnete, um freie Schussbahn zu haben, schwirrte der Bolzen seines noch früher aufgestandenen Bruders heran und durchbohrte ihm das Herz.“ (O-Text Ende).
Wer mehr über die Burg Giersberg wissen möchte, hier der Link: