Über Berliner Platz und Seltersweg
Vier Tage nach unserer Spurensuche haben wir des Rätsels Lösung gefunden. Der mindestens 60 Jahre alte Lahn-Kinzig-Weg, der über rund 130 Kilometer von Wetzlar an der Lahn nach Wächtersbach an der Kinzig führt, findet plötzlich Beachtung in der lokalen Presse. Am 27. Februar 2021 findet man ihn als Wandertipp der Gießen Marketing GmbH sogar auf der Titelseite der „Gießener Zeitung“. Wie kommt‘s?
Vielleicht herrscht ja zu Corona-Zeiten Flaute in der lokalen Berichterstattung. Auch die Gießener Allgemeine bringt diesen Bericht mit dem selben idyllischen Foto. Was im Bericht nicht erwähnt wird ist die Tatsache, dass der Weg innerstädtisch äußerst spärlich bis gar nicht mehr markiert ist. Auch mit GPS oder der VHC-Wanderkarte im Maßstab von 1;50.000 wird man an vielen Verzweigungen und Kreuzungen ratlos sein.
Hier ein Ausschnitt aus dem Bericht (Quelle: www.giessen-entdecken.de):
Die rund 15 Kilometer langen Tour startet im Herzen der Stadt, am Marktplatz. Von hier aus geht es über den Kirchenplatz mit seinem markanten Stadtkirchenturm in Richtung Altes Schloss. An der Senckenbergstraße vorbei, wo man schon einen kleinen Blick auf die neuen Gewächshäuser des Botanischen Gartens werfen kann, geht es Richtung Wiesenstraße in den Stadtpark Wieseckaue. Durch das idyllische Parkgelände gelangt man bis zum Rande des Philosophenwaldes. Dieser Bannwald ist ein europaweit bedeutendes Habitat für Fledermäuse. Von dort geht es weiter bis zur evangelischen Wichernkirche und dann an den ehemaligen Wohnkasernen »Dulles« der US-Streitkräfte vorbei zum Waldsportplatz. Hier queren die Wanderfreunde die Gleise und gelangen vom Eichendorffring schließlich durch die Unterführung in den Wald zwischen Gießen Ost und Annerod. (O-Text Ende)
Der Beitrag beschreibt den Weg in der Gegenrichtung, gibt uns jetzt aber die nötigen Anhaltspunkte über den richtigen Verlauf.
Hier geht’s zum ganzen Beitrag: Etappe am Lahn-Kinzig-Weg | Gießen (giessener-allgemeine.de)
Wir wissen nun, dass der Marktplatz und die Stadtkirche angesteuert werden muss. Und das ist ja schließlich auch über unseren Standort in der Licher Straße möglich. Wir beschreiben hier also eine Alternativ-Route.
Der Alte Friedhof ist einer von 50 historischen Orten zur Gießener Stadtgeschichte. Auf einer transparenten Kunststofftafel können wir folgendes lesen: „Zu den vielen Persönlichkeiten aus Stadt und Universität zählt auch Wilhelm Conrad Röntgen (1845 bis 1923), erster Nobelpreisträger für Physik 1901, der an der Gießener Universität als Professor für Physik in den Jahren 1879 bis 1888 lehrte. Seine Bestattung im Gießener Familiengrab fand auf eigenen testamentarischen Wunsch hin statt. Sehenswert ist außerdem die Friedhofskapelle, erbaut 1623 bis 1625 unter Johann Ebel zum Hirsch, erstmals restauriert 1860 durch Hugo von Ritgen. Die Kapelle ist nur zugänglich im Rahmen eines Gottesdienstes, einer musikalischen Veranstaltung oder einer Führung durch die Tourist-Information.“ (O-Text Ende)
Die Licher Straße mündet in die Grünberger Straße, der wir in gleich bleibender Richtung weiter folgen. Hinter der Abzweigung der Moltkestraße wechseln wir die Straßenseite und steuern auf den Ludwigsplatz und dem Dach-Café entgegen. Wir passieren Friseursalons, Blumenläden und Restaurants, darunter auch die sehr empfehlenswerte Fuku Sushi Bar & Asia Long. In Corona-Zeiten stand man überall vor verschlossenen Türen. Essen gab es nur zum Mitnehmen. Aber um die Ecke am Ludwigsplatz gab es einen kleinen Lebensmittelladen, bei dem Take-Waway-Cappuccino für nur einen Euro angeboten wurde.
Wir überqueren mit dem Cappuccino in der Hand die Wieseck-Brücke und staunen über die Veränderungen auf dem Berliner Platz. Diese Skulptur ist mir vorher noch nicht aufgefallen.
Wenig verändert hat sich das Bild auf der anderen Straßenseite mit der Kongresshalle und dem Stadttheater. Auch letzteres ist natürlich eines von den 50 historischen Orten zur Gießener Stadtgeschichte. Ein Opernhaus im exakt gleichen Baustil haben wir bei unseren Wanderungen in Nordböhmen in Jablonec (Gablonz) gesehen. Eine weiteres baugleiches Bauwerk gibt es in Klagenfurt/Österreich.
Wir gehen vom Berliner Platz über die Kreuzung der Nordanlage/Südanlage in die Straße Neuen Bäue. Diese mündet nach der Kreuzung der Sonnenstraße in die Schulstraße, über die wie zum Zielpunkt Marktplatz/Kirchenplatz gelangen.
Wir aber wollen wissen, wie sich die Einkaufsmeile der Stadt, der Seltersweg, zu Corona-Zeiten präsentiert. Daher biegen wir vor McDonalds in der Straße Neuen Bäue nach links in den Neuenweg ein.
Geschlossene Geschäfte und Gaststätten, Essen nur zum Mitnehmen. So war es auch zu erwarten. Wenig Publikumsverkehr und alle halten sich brav an die Masken- und Abstandsregeln.
Mit dem alten Gasthaus „Zum Löwen“ können wir einen weiteren schmucken Ort zur Gießener Stadtgeschichte bestaunen. Es ist eines der schönsten und ältesten Fachwerkhäuser im Stadtzentrum.
Erstaunlich, dass der Weihnachtsschmuck am 25. Februar immer noch nicht abmontiert worden ist. Der Hunger macht sich bemerkbar. Leider haben die angesteuerten Pommesstände nicht geöffnet. So landen wir an der „Nordsee“ und holen uns dort für 4,99 Euro eine Fisch- und Chipsbox. Zum Verzehr werden wir natürlich um die Ecke geschickt. Irgendwo im City-Center (Katharinengasse) finden wir eine Mauer, die Bänke sind alle belegt. Und zuletzt noch ein Eis zum Nachtisch.
Viel Interessantes gesehen. Unter anderem meinen früheren Arbeitsplatz bei der MAZ. Doch die Etage der ehemalige Redaktion in der Katharinengasse 12 ist mittlerweile anderweitig vermietet worden.
Den richtigen Verlauf des Lahn-Kinzig-Weges haben wir noch nicht gefunden. Deshalb beschließen wir, auf einem anderen Weg zurück zum Ausgangspunkt im Eichendorffring zu gehen. Diesen beschreiben wir Euch als Alternative B im nächsten Beitrag. Vorwegnehmen können wir, dass wir auf diesem Weg dem realen Verlauf deutlich näher kamen.