D-27498 Wandern auf Helgoland (1)

Auf Schritt und Tritt Insel-Geschichte erleben

Irgendwo ins grüne Meer

Hat ein Gott mit leichtem Pinsel

Lächelnd, wie von ungefähr

Einen Fleck getupft: Die Insel

Mit diesen Zeilen von James Krüss, geboren im Mai 1926 auf Helgoland, untermauert die Kurverwaltung Helgoland in ihrer neuesten Gäste-Broschüre die Attraktivität von Deutschlands einziger Hochsee-Insel. Herausragend sind nicht nur die bis zu 61 Meter hohen roten Felsen, sondern auch die Naturwunder, die hier zu erleben sind und mit dem 1. Preis eines Wettbewerbs der Heinz-Sielmann-Stiftung ausgezeichnet wurden. Wer hier wandert, ist jedoch nicht nur der Natur auf der Spur. Auf dem knappen Quadratkilometer Festland der Hauptinsel gibt es vier Themenwege, die alle in weniger als einer Stunde abgewandert werden könnten. Dies gilt auch für den Naturlehrpfad auf der Düne, der kleineren Nachbarinsel, die man in wenigen Minuten mit einem stündlich verkehrenden Fährboot erreicht. Doch sollte man sich richtig viel Zeit dafür nehmen. Es gibt nicht nur viel zu bestaunen und zu beobachten, sondern auch viel zu lesen. Uralte oder jüngere Geschichte, Kultur oder Natur – zu allen Themen finden sich am Wegesrand „Info-Pyramiden“, die viel Wissenswertes vermitteln.

Auf eine Wegbeschreibung kann hier völlig verzichtet werden. Hat man das so genannte Oberland vom Hafen im Süden, vom Ortskern (auch per Lift für Gehbehinderte) oder direkt an der Nordspitze über Treppensteige erreicht, lässt sich alles wunderbar überschauen. Treppen und Wege aus Ziegelstein führen an die markanten Punkte und im Unterdorf wandert man auf Holzplanken, die bei Nässe und Glätte jedoch sehr rutschig werden können.

Nicht verfehlbar ist jedenfalls der rund 3 Kilometer lange Klippenrandweg. „Wer nur für einen Tag nach Helgoland kommt, sollte tief Luft holen und sich auf den geraden Weg ins Oberland machen“, empfiehlt uns die Broschüre „Helgoland …ist inseliger (Januar 2013)“. Am Ende des Lung Wai mitten im Ortskern steht nicht nur den Gehbehinderten der Aufzug für ein kleines Entgelt offen. Damit hat man zwar noch nicht ganz die maximale Seehöhe erreicht, aber ein paar Dutzend Treppenstufen eingespart. Für Gehbehinderte gibt es übrigens im ganzen Oberland barrierefreie Verbindungswege.

Ganz wichtig war für uns der Hinweis auf kostenlose Broschüren zu den einzelnen Themenwegen. Sie sind erhältlich im Rathaus bei

HELGOLAND TOURISTIK (Kurverwaltung)

Rathaus – Lung Wai 28

27498 Helgoland

Tel. 04725-206799

info@helgoland.de

www.helgoland.de

„Geschichte erleben“ kann man auf einem der Themenwege. Die gelbe Broschüre macht deutlich, dass man auf Helgoland einen felsigen, aber auch geschichtsträchtigen Boden betritt. Geologisch begann sie vor zwei Millionen Jahren, als durch ein Salzkissen ein Stück der darüber liegenden Deckschichten nach oben gedrückt wurden, mit einem Hügel aus Buntsandstein, Muschelkalk und Kreide. Der Weg weist 16 Stationen auf , die wie die Broschüre gelb markiert sind.

Die erste Station befasst sich mit der Königsinsel Altlantis, die um 1200 vor Christus genau 9,2 Kilometer nordöstlich von Helgoland versunken sein soll. Man fand an dieser Stelle Steinwälle, Siedlungsreste und Kupfer. Aber keinen Beweis für die Existenz der Sageninsel.

Reale Geschichte wird an Station 2 geschildert. Einst war Helgoland von grünem Marschland in einer flachen Tiefebene umgeben. Die Pyramide lässt wissen, dass die frühen Bewohner an den beiden hoch herausragenden Felsen ihre Feste feierten und ihre Häuptlinge begruben. So kam die Insel zu ihrem Namen: Helgoland – das heilige Land.

Auf der 2. Station erfährt man weiter, dass Helgoland um 700 nach Christus erstmals urkundlich erwähnt wurde. Der Heilige Willibrord, Bischof von Utrecht, versuchte seinerzeit vergeblich, die Helgoländer im Land der friesischen Gottheit Fosite zum christlichen Glauben zu bekehren. Dies gelang erst 100 Jahre später durch den Münsteraner Bischof Liudger.

Die Seeräuber stehen an Station 3 im Blickpunkt. Klaus Störtebecker und seine Likedeeler machten von 1394 bis 1402 die Deutsche Bucht unsicher. Dann wurden die Seeräuber vor Helgoland von einer Hamburger Kriegsflotte vernichtend geschlagen.

Mit der Fischerei und dem Lotsenwesen befassen sich die nächsten Pyramiden und das Thema „Kontinentalsperre“ wird aus zwei Blickwinkeln beleuchtet. Unter dem politischen Aspekt wird geschildert, dass die Engländer 1807 die Insel eroberten, um von hier aus die Kontinentalsperre Napoleons zu unterlaufen. Dadurch erlebten die Helgoländer die schlimmste Hungersnot ihrer Geschichte. Als sich aber englische Handelshäuser ansiedelten und Schmuggelei betrieben, erlebte Helgoland einen unvergleichlichen Wirtschaftsaufschwung. An Station 7 ist der wirtschaftliche Blickwinkel im Vordergrund. Hier wird das „goldene Schmuggelzeitalter“ (1808-1813) aufgeführt, in dem die Insulaner als Lotsen, Umschlagshändler und Raumvermieter bei den englischen Besatzern hoch im Kurs standen. Bis zu 100 Segler lagen auf Reede und der gelagerte Warenwert stand bei 10 Millionen Mark.

Pyramide 8 erinnert an Jacob Andresen Siemens, den Gründer des ersten Seebadebetriebes (1864) und Pyramyde 9 an die Seeschlacht von 1864 zwischen einer alliierten preußisch-österreichischen Flotte und dänischen Kriegsschiffen in Sichtweite von Helgoland. Am 10. August kehrt Helgoland feierlich in den Besitz des Deutschen Reiches zurück und im 1.Weltkrieg müssen die Insulaner ihre Insel verlassen, um 4000 Mann Marinebesatzung Platz zu machen. Mit dem Planungsprojekt „Hummerschere“ wollten die Nazis nach 1933 nördlich der Düne einen Hafen bauen, der die ganze deutsche Flotte aufnehmen konnte (Pyramide 12) und die 13. Station erinnert an die englischen Fliegerangriffe vom April 1945, bei denen Helgoland fast völlig zerstört wurde.

Der „Big Bang“ ist wohl das in jeder Hinsicht schockierendste Kapitel der Inselgeschichte. Mit 6.700 Tonnen Munition wollten die Engländer am 18. April 1947 alle Militäranlagen mit ihren unterirdischen Systemen und Teile der Insel mit einem Schlag zerstören. Doch nur die Südspitze der Insel flog in die Luft, der große Rest hielt stand. Sieben Jahre nach Kriegsende wurde Helgoland wieder frei und ab 1952 begann der Wiederaufbau. Das Heilbad, wie wir es heute kennen, entstand nach und nach wie Phönix aus der Asche.

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