Teil 1: Vom Puschkinpark zur Kunstruine Frankenstein
Freitag, 14. Juni 2024. Auf der Rückreise von meinem Camp in Berka/Werra will ich mit noch die Touringen-Stempel 286-288 erwandern und steuere dazu den Puschkinpark in Bad Salzungen an. Im Tourenheft auf Seite 32 ist zu lesen: „Diese Tour lockt dich durch den Puschkinpark auf den Aussichtspunkt „Frankensteinblick“, von dem man nicht nur die Kunstruine Frankenstein sehen, sondern auch einen wundervollen Blick in das romantische Werratal werfen kann“.
Es sei vorweg genommen, dass diese Beschreibung nicht mehr zutrifft. Der Aussichtspunkt ist zugewachsen. Man sieht rundum nur Wald. Der Punkt ist so bedeutungslos geworden, dass er auch auf keinen Wegweisern am Startpunkt „Wandertreff am Puschkinpark“ zu sehen. Das hat mir mit bewusstem Verzicht auf eine Wegbeschreibung per QR-Code erhebliche Probleme bereitet.
Das Navi hat mich sicher zum großen und kostenfreien Parkplatz am Puschkinpark geführt. Den Startpunkt Wandertreff findet man, wenn man auf die unübersehbaren Gradierwerke zugeht. Hier gibt es nicht nur viele Infotafeln, sondern auch schon den Stempelkasten Nr. 286. Dieser ist auch als Startstempel für die erste Etappe auf dem Hochrhöner (Seite 37 im Tourenheft) vorgesehen. Sozusagen ein Pick-up-Stempel, den man sich ohne wandersportlichen Aufwand abholen kann.
Grüne Stadt mit starker Sole
Die Frankenstein-Tour hat nichts mit den bekannten Monstern zu tun und ist alles andere als ein Horrortrip. Bad Salzungen ist staatlich anerkanntes Sole-Heilbad und eines der ältesten Solebäder Deutschlands. Einzigartig ist: Die „grüne Stadt mit starker Sole“ verfügt über mehrere natürliche Solequellen mit drei unterschiedlichen Konzentrationen. Mit 27 Prozent Salzgehalt gilt die stärkste Sole als “gesättigt“.
Das war der Grund für das wirtschaftliche Aufblühen der Stadt zwischen den Bergkuppen der Rhön und den Südhängen des Thüringer Waldes. Schon um 1590 entstanden die ersten Gradierwerke zur Salzgewinnung. Den gesundheitlichen Wert erkannte man vor über 200 Jahren und um 1890 entstanden die ersten Kuranlagen rund um das historische Gradierwerk. Nur zwei der einstmals 24 Gradierwerke sind verblieben.
In welche Richtung muss ich gehen? Etwas ratlos stehe ich vor dem ersten Wegweiser, auf dem ich vergeblich nach dem Zwischenziel „Aussichtspunkt Frankensteinblick“ suche. Ich entscheide mich, der Beschilderung „Frankenstein“ und „Stadtblick“ zu folgen – ein Fehler, wie sich schnell herausstellte. Aber ich bekomme zunächst die wunderschönen Fachwerkbauten der Kuranlage und den historischen Bohrturm direkt am „Museum am Gradierwerk“ zu sehen.
Von der Kuranlage auf den Storchensteig
Am Ende der Kuranlage erreiche ich eine Info-Säule zum Nordic-Walking-Fitnesspark. Drei Touren werden hier angeboten.
Die kleinste über 4,1 km (leicht), die zweite über 7,5 km (mittel) und die dritte über 9,3 km (schwer). Dann schaue ich mir den Plan der rot markierten 9,3-km-Strecke an und stelle fest, dass beide Stempelstellen meiner Frankenstein-Tour auf dieser Runde angesteuert werden.
Das passt ja hervorragend. Zunächst gelange ich auf den „Storchensteig“, eine besonders für Kinder sehr spannende Rundwanderstrecke über 6,2 km.
Dieser führt mich, an mehreren Storchensymbolen vorbei, über die Werrabrücke und an eine große Wiesenfläche.
Am Ufer der Werra
Der Blick auf das Höhenprofil dieser Nordic-Walking-Strecke macht deutlich, dass die Wegbeschreibung im Tourenheft noch einen drastischen Fehler aufweist: Dort wird die Kunstruine Frankenstein als höchster Punkt der Tour angegeben. Im Höhenprofil ist jedoch deutlich zu sehen, dass der Aussichtspunkt Frankensteinblick deutlich höher liegt. Die Seite 32 im Tourenheft sollte also tunlichst überarbeitet bzw. aktualisiert werden.
Der Weg führt mich nun über die Storchenwiese, die zum Glück gemäht wurde. Das Heu wurde jedoch noch nicht geräumt, und das machte das Wandern etwas anstrengender.
Am nahe liegenden Werra-Ufer sind einige Lerntafeln in kindgerechter Sprache zum Thema Storch zu finden. Hinter einer der Lerntafeln bestaune ich das Bauwerk eines Bibers in der Werra und folge den Wegweisern in Richtung Kloster.
Steilpfad zur Burgruine Frankenstein
Nach der Storchenwiese passiere ich einen Sportplatz und halte Ausschau nach dem Kloster, dass sich hier befinden soll.
Aufgefallen ist mir nur das Gasthaus „Zum Klostergarten“, ein Kloster eher nicht. Aber bald stehe ich vor dem Aufstieg zur Burgruine.
Hier finde ich auf den Infotafeln zum Nordic-Walking-Weg sehr interessante Hinweise zum Bergauf-Gehen.
Wie man auf steilen Anstiegen mit den Stöcken umgeht, war für mich nicht interessant. Wohl aber die Hinweise zum richtigen Atmen.
Für alle, die (wie ich) bei steilen Anstiegen leicht aus der Puste kommen, hier die Tipps im Wortlaut: „(…) Atmen Sie tief ein und öffnen sie dabei die locker gestreckten Arme in einem Kreisbogen nach hinten außen – und damit den Brustkorb. Die Lunge hat nun Platz zum Atmen.
Beim Ausatmen führen Sie die Arme wieder nach vorn zusammen, alle Luft ausströmen lassen. Sie können die Arme so weit nach hinten öffnen, dass Sie einen Dehnungsreiz in den Brustmuskeln spüren“.
Auf dem etwa 500 Meter langen Serpentinenpfad habe ich das mal ausprobiert. Der Tipp war gut.
Zu Gast auf Burg Frankenstein
Nach 2,8 km habe ich das erste Zwischenziel meiner Wanderung erreicht. Die Burgruine Frankenstein, die auch als Kunstruine bezeichnet wird.
Ein großen Holzkreuz, wellenförmige Liegen zum Genießen der Aussicht, Picknick-Pavillons und kunstvoll kreierter Torbogen stehen vor der Burg, zu der schriftliche Überlieferungen mit Karl von Frankenstein im Jahr 816 beginnen.
Auf einer kleinen Zeittafel wird die Zerstörung der Burg nach dem Untergang des Frankensteiner Geschlechts aufgeführt. Von 1888 bis 1891 erfolgte ein Neubau des Turms aus Spendengeldern und 1923 gründete sich die „Frankensteingemeinde“, die die Verwaltung und Bewirtschaftung übernahm.
Ein Jahr später wurde die „Klause“ am Turm eingeweiht und 1935 die „Otto-Wehner-Halle“ gebaut. 1957 wurde das Areal zum Kinderferienlager des VEB Hartmetallwerk Immelborn. Die zwischenzeitlich aufgelöste „Frankensteingemeinde“ wurde 1991 wieder gegründet.
Der Abt von Fulda war es, der hinter der ersten Zerstörung der Burg im Jahr 1266 steckte. Die Stammburg des thüringisch-fränkischen Adelsgeschlechtes der Dynasten von Frankenstein bauten es wieder auf.
Doch 1295 wurde sie wieder eingenommen und noch gründlicher zerstört, diesmal durch König Adolf von Nassau. Danach waren die Frankensteiner nicht mehr in der Lage, ihre Stammburg wieder herzurichten.
Sie verarmten und verloren bis Mitte des 14. Jahrhunderts alle Besitztümer. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde der Frankenstein als Ausflugsziel und Geschichtsort wiederentdeckt. Seit 1879 bemühten sich viele engagierte Salzunger um die Verschönerung und Erschließung.
Als Betriebsferienlager war die Bergspitze lange Zeit nicht öffentlich zugänglich. Nach der Wende gelangte die Burg wieder in die Obhut der Stadt Bad Salzungen und wurde als Kunstruine Frankenstein verschiedenen Vereinen zur Nutzung überlassen.
Große Pause war hier angesagt. Überraschend finde ich hier auch eine Infotafel zum „Pummpälzweg“, den ich bisher nur vom Rennsteig kannte. Dort befand sich auch der Stempelkasten. Die Touringen-Nr. 288 ist abgehakt.