Eines der ältesten Naturschutzgebiete Europas
Unterwegs auf dem Oberhessenweg waren wir im Herbst 2021. Vom Giessener Amtsgericht in der Gutfleischstraße gehen wir durch den Stadtpark und die Wieseckaue und erreichen nach etwa 6 Kilometern das Naturschutzgebiet Hangelstein.
Der Hangelstein gehört sicherlich zu den beliebtesten Wandergebieten rund um die Universitätsstadt Gießen und verfügt über ein leider nicht mehr ganz so intaktes Wegenetz. So manche Markierungen fehlen an entscheidenden Stellen und andere sind kaum noch erkennbar. Auch das blaue Dreieck für den hier durchlaufenden „Oberhessenweg“ ist nicht überall zu finden.
Gefunden haben wir aber eine Infotafel, die uns viel über den Hangelstein wissen lässt. Wir erfahren zunächst, dass der Hangelstein eines der ältesten Naturschutzgebiete Europas ist und zu den FFH-Gebieten (Flora-Fauna-Habitat) im europäischen Schutzgebietsnetz NATURA 2000 gehört.
„Geboren im Feuer“ lautet der Titel des ersten Abschnitts auf der Infotafel. Hier ist zu erfahren, dass der Hangelstein am westlichen Rand des Vogelsbergs, der größten ehemaligen Vulkanlandschaft des europäischen Festlandes liegt.
Der vor etwa 15 Millionen Jahren entstandene Basaltkegel hat heute eine Gipfelhöhe von 305 Metern. Am Nordhang des Basaltkegels findet man Felsen aus erstarrtem Säulenbasalt als Zeugen des beeindruckenden Vulkanismus.
Der Hangelstein ist aber auch seit drei Jahrhunderten ein Ort für viele seltene Pflanzen. Somit ist er auch ein Ort für viele berühmte Forscher. Zu diesen gehörte der Giessener Gelehrte Johann Jakob Dillenius (1684-1747) oder auch der Frankfurter Arzt Johann Christian Senckenberg (1707-1772), aus dessen Stiftung das Naturkundemuseum und Forschungsinstitut Senckenberg in Frankfurt hervorging.
In einem weiteren Abschnitt auf der Tafel wird dargestellt, was das Besondere am Hangelstein ist. Dazu heißer es wörtlich (ZITAT): Auf engstem Raum finden sich gegensätzliche kleinklimatische Verhältnisse und unterschiedliche Bodenbeschaffenheiten. Das ist die Voraussetzung für das Vorkommen seltener Pflanzenarten und verschiedener Waldgesellschaften.
Auf der Kuppe und am Oberhang wächst in sonnenverwöhnter West- und Südlage der wärmeliebende Waldlabkraut-Eichen-Hainbuchenwald (ZITAT ENDE). In diesem wachsen neben Hainbuchen, Eichen und Linden als häufigste Baumarten auch vielfältige krautartige Pflanzen. Zu diesen werden auf der Tafel der Blaurote Steinsame und die wohlriechende Wiesenprimel gezählt.
Am von Basaltbrocken übersäten und feuchtkühlen Nordhang hingegen wachsen so genannte Bockschuttwälder. Dazu im Originaltext: „In einer besonderen Ausprägung dieser Wälder, dem Eschen-Bergahorn-Schluchtwald, findet sich auch dessen kennzeichnende Art, das Wilde Silberblatt. Im Hangelstein ist diese Art aber auch im Eichen-Hainbuchenwald anzutreffen“. (O-Text Ende).
Zuletzt wir erläutert, dass unterhalb der Kuppen und Oberhangregion auf den weniger steilen Bereichen mit tiefgründigen, basenreichen Basaltverwitterungsböden der für Hessen typische Waldgersten-Buchenwald mit der Buche als vorherrschende Baumart und der Waldgerste als kennzeichnende Art wächst.
Auf beispielhaften Bildern werden einige der genannten Pflanzen und besonders interessante Felsformationen am Hangelstein dargestellt. Eine Karte gibt eine Übersicht zu den Wanderwegen.
Rot markiert ist der 4,5 Kilometer lange Hangelsteinweg, der ebenso wie der 3,2 Kilometer lange Hundsköppelweg (gelb markiert) eine Höhendifferent von 95 Metern aufweist. Etwas weniger anstrengende ist der blau markierte Teufelskanzelweg, der auf 2,6 Kilometern mit einem Höhenunterschied von 70 Metern angeboten wird.
Zusätzlich sind einige unbefestigte Pfade und Abkürzungen eingezeichnet. Doch wird darauf hingewiesen, dass jeder Wanderer zum Schutz und Erhalt des Naturschutzgebietes auf den ausgewiesenen Wegen bleiben soll, Hunde an der Leine zu führen sind und das Pflanzen, Pilze und Tiere unberührt bleiben sollten. Auch das Füttern von Vögeln und anderen Tieren ist nicht erwünscht.
Zum Bild: Empfehlenswerter Start- und Einkehrpunkt: Gasthaus Waldfrieden
Zuletzt wird darauf hingewiesen, dass die Universitätsstadt Gießen auf die forstliche Nutzung des Waldes verzichtet und so eine naturnahe Entwicklung des Waldes – vom Keimling bis zum absterbenden Baumriesen – verzichtet. So entwickeln sich artenreiche Wälder mit stehendem und liegendem Totholz, wodurch sich eine Vielzahl von Lebensräumen für Tiere, Pilze und Pflanzen ergibt. Allerdings besteht daher auch eine erhöhte Gefahr durch Astbruch und umstürzende Bäume. Das Betreten eines naturnahen Waldes erfolgt auch hier auf eigene Gefahr.
Nähere Informationen (keine Gewähr für Aktualität):
Liegenschaftsamt der Stadt Gießen
Tel. 0641-306 1194
Hessen-Forst, Forstamt Wettenberg
Tel. 0641-986-12-0