Rundwanderung vom Parking Nahtsief im Platten Venn (5,3 km)
Es war unsere erste kleine Wandertour auf belgischem Staatsgebiet am 23. Dezember 2021. Von Mützenich fahren wir auf der Eupener Straße (N 67) in Richtung Westen. Unser Navigerät weist uns vor dem Grenzübertritt auf Corona-Kontrollen oder möglichen Einreisebeschränkungen. Doch nichts dergleichen war zu bemerken.
Unser Ziel war der Parkplatz Nahtsief, eine Empfehlung des Impfnachweis-Kontrolleurs im Monschauer Handwerkermarkt.
Leider war das Wetter am letzten Tag vor Heiligabend nicht so berauschend. Es war nasskalt und trüb. Man hat uns Gummistiefel für eine Wanderung durch das Hohe Venn empfohlen. Hatten wir aber nicht. Und die waren auch nicht zwingend nötig.
Keine 10 Minuten dauert die Fahrt von unserem Domizil in Mützenich. Der Parkplatz Nahtsief gehört wohl zu den populärsten Startpunkten ins Hohe Venn, genauer gesagt, ins Brackenvenn.
Besonders an sonnigen Wochenendtagen soll man kaum eine Chance haben, hier noch einen Parkplatz zu finden. An diesem trüben Tag aber war relativ wenig Betrieb.
Wir finden Infotafeln in deutsch, belgisch und niederländisch vor. Der Name Venn wird vom niederländischen Veen abgeleitet und bedeutet soviel wie Moor. Dieses Hochmoor erstreckt sich auf über 600 Quadratkilometer, wovon sich 133 Quadratkilometer auf deutscher Seite befinden.
Viel Auskunft über das grenzübergreifende Hochmoor, das geologisch auf linksrheinischer Seite zum Rheinischen Schiefergebirge gehört, bekommen wir auf einer Infotafel zum GEO-Pfad Ternell.
Hier ist folgendes zu lesen (O-Text): „Mit dem GEO-Pfad erhalten Sie Zugang zu nicht weniger als 600 Millionen Jahre Erdgeschichte. So unglaublich lange hat es gedauert, um die hiesige Landschaft zu formen. Dort wo die Gesteinsschichten offen liegen, zeugen sie vom Entstehen der Ardennen. Diese geologischen Fenster gewähren uns Einblicke in die Bildungsprozesse der oberen Erdkruste. (…).
Erläuternde Informationstafeln auf dem GEO-Pfad stellen die entsprechenden geologischen Sachverhalte allgemeinverständlich dar. So soll eine bessere Einsicht in diesen wichtigen Bereich von Natur und Umwelt erreicht und damit ein Beitrag zu ihrer Erhaltung geleistet werden. Denn wir können nur schützen, was wir verstehen.
Der GEO-Pfad erschließt also nicht nur einen in Mitteleuropa sicher einzigartigen Lebensraum, sondern verfolgt auch seine Erdgeschichte bis zu den Ursprüngen zurück. (ZITAT ENDE)
Zum Schutz dieses Lebensraumes werden den Besuchern natürlich auch bestimmte Verhaltensregeln ans Herz gelegt. Die wichtigsten sind im nachfolgenden Originaltext bei wikipedia zusammengefasst: „Einige Regeln sind zu beachten, so darf man ausgewiesene Zonen zum Schutz seltener Tiere nicht ohne Naturführer betreten. Es gibt insgesamt vier Zonen für die Zugangsberechtigung: Die Zone A umfasst das Gebiet, das für den Wanderer frei zugänglich ist. Unter der Bezeichnung Zone B versteht man das Gebiet, das für den Besucher auf markierten Wegen frei begangen werden kann. Die Zone C hingegen darf nur in Begleitung eines anerkannten Naturführers begangen werden und die Zone D ist für den Besucher gänzlich gesperrt. Zu bestimmten Zeiten kann die Forstverwaltung große Teile der Vennflächen (zum Beispiel wegen Brandgefahr) absperren“. (Zitat Ende)
Wir haben keine rote Flagge gesehen und konnten uns unsere Tour in einer B-Zone frei auswählen. Allerdings war uns der GEO-Pfad mit seiner Länge von 23 Kilometern nachmittags um 13.30 Uhr dann doch zu lang. Wir schauten uns die Karte an und entschieden uns für eine Runde durch das Brackwenn, die im Internetportal KOMOOT unter dem nachfolgenden Link nachvollziehbar ist.
Nahtsief: Wanderungen und Rundwege | komoot
Vom „Parking Nahtsief“ gehen wir in Richtung Norden auf die 5,27 Kilometer lange Runde, die keine durchgehende eigenständige Markierung hat. Mit den Wandersymbolen der fünf vom Startpunkt Ternell ausgehenden Wandertouren konnten wir nicht viel anfangen.
Wir wissen, dass der Parkplatz Nahtsief auf 606 Metern Seehöhe liegt und der höchste Punkt auf 620 m ü.NN. Eine Anstiegssumme von 40 Metern wird uns auf dem Streckenplan errechnet. Von diesen merkt man auf den überwiegend über hölzerne Stege verlaufendem Weg so gut wie nichts.
Im Sommer sollen hier allerlei Beeren und seltene Pflanzen blühen, darunter auch Orchideen. Aber auch an den trüben Dezembertagen übt die Landschaft eine außergewöhnliche Faszination aus. Auf anderen Fotos haben wir die Landschaft unter Schnee schon bewundert.
Wir haben Nässe, die die Holzplanken gefährlich glatt macht und die Wegepassagen sehr morastig. Die Gummistiefel benötigt man aber nur dann, wenn sich Gegenverkehr auf den oft seht schmalen Holzstegen einstellt und man in den Sumpf ausweichen muss.
Nässe heißt aber nicht unbedingt Regen. Wir erfahren bei wikipedia, dass die durchschnittliche jährliche Niederschlagsmenge 1400 bis 1500 mm beträgt, mit einem Maximum im Dezember und Januar und einem Minimum im Mai. Wörtlich heißt es bei wikipedia (ZITAT): „Das Klima ist für mitteleuropäische Verhältnisse rau – im Jahresmittel wesentlich kühler als das Umland – und allgemein wolken-, regen- und schneereich. Die Höhen von Eifel und Ardennen sind das erste Mittelgebirge, auf das feuchte, atlantische Luft von Westen her trifft. Dabei steigen diese Luftmassen auf, kühlen ab und entladen die Feuchtigkeit, sodass es zu Steigungsregen in Form von Regen oder Schnee kommt“. (ZITAT Ende).
Wir erreichen schon nach wenigen Schritten einen Abzweig vom breiten, geraden Weg, der mit den Nummern 53 und 32 der Ostbelgien-Wanderregion markiert ist. Wir folgen der Nummer 77 und dem Wegweiser zu „Kaiser Karls Bettstatt“ nach rechts und werden nochmals vor der Gefährlichkeit der Brücken und Holzstege gewarnt.
Unmittelbar nach dem Abzweig informiert uns eine Tafel darüber, dass in den Jahren von 2007 bis 2012 rund 3.000 Hektar Heide- und Moorfläche renaturiert wurden. Ziel ist es, Oberflächen zu schaffen oder einheimische, standortgerechte Laubhölzer zu regenerieren.
Zur Heiderenaturierung wurden auf 215 Hektar die obersten Zentimeter der Bodenschicht abgetragen. Hier geht es darum, die Keimung von Heidekräutern sowie von Wald- und Heidelbeeren zu fördern. Außerdem wurden Zäune aufgestellt, um mit Beweidung durch Schafe oder Kühe 380 Hektar Heidefläche zu unterhalten.
Die Renaturierung des Moores wurde durch Wiedervernässung infolge der Errichtung von Dämmen, der Wiederverschließung von Drainagegräben und der Anlage von Blänken (Tümpel mit periodisch wechselndem Wasserstand) sowie der Mahd von Pfeifengras vorangetrieben.
Los geht es also in das Wanderabenteuer. Es macht Spaß, abwechselnd auf weichem Boden und den Unzähligen Holzplanken zu laufen. Diese sind mal einen halben, an besonders schlammigen Passagen auf einen ganzen Meter breit. Mit großem Respekt vor dieser Arbeitsleistung spazieren wir durch das Hochmoor.
Auch bei diesem trüben Wetter sorgen Tümpel, Moose und Gräser für eine farbenfrohe Vielfalt. Nach wenigen Gehminuten erreichen wir einen Infopunkt, der uns auf Sonnentau, Fieberklee und Beinbrech (Moorlilie) hinweist. Im Winter ist von diesen Pflanzen wohl eher nichts zu sehen.
Einige hundert Meter erreichen wir eine Verzweigung. Die Wege 77 und 63 führen nach links in Richtung Entenpfuhl. Wir folgen der Nr. 71 nach rechts, weiterhin in Richtung Kaiser Karls Bettstatt und zum Parkplatz Grenzweg. Auch fällt uns die rot-weiße Markierung eines Fernwanderweges auf. Mehr über diesen Weg kann man unter www.grsentiers.org erfahren.
Die Landschaft wird hügeliger, der Boden im schwärzer. Der Plankenweg ist an manchen Stellen etwas in Schieflage geraten und macht ihn damit bei Nässe etwas gefährlicher. Aber tief abstürzen oder gar im Moor versinken kann man hier nicht.
Bald erreichen wir auch den Abzweig zum Parking Grenzweg. Während der Weg zu Kaiser Karls Bettstatt geradeaus weiter führt, biegen wir nach rechts ab und folgen weiter der Nr. 71 und der rotweißen Markierung.
Die Landschaft wird abwechslungsreicher. Wir kommen nach etwa einer dreiviertel Stunde an den Parkplatz Grenzweg passieren dazu die Eupener Straße (N 67). Hier finden wir eine weitere Infotafel zu Umweltprojekten im Hohen Venn vor. Es geht um die Entfernung der Grauerlen, die im Jahr 1947 nach einem Großbrand entlang der Wege und Straßen rund um die Brandschneisen angepflanzt wurden. Diese nicht heimische Art aus Zentraleuropa hatte sich auf den Torfböden stark verbreitet und verdrängte die heimischen Laubbaumarten.
Die Grau-Erlen wurden nicht nur gefällt, sondern auch inklusive der Wurzeln gehexelt und zu Pellets verarbeitet. Durch diesen Einsatz wurden offene Biotope wieder hergestellt und Platz geschaffen für die ursprünglichen Laubhölzer wie Schwarz-Erle, Moor-Birke und Ohr-Weide.
Am Parkplatz Grenzweg, dem Zugang zum Hertogenwald, finden wir außerdem eine Tafel zum Radwandernetz (Nr. 69). Wir wandern von hier, dem Wegweiser Parking Nahtsief und der Nr. 44 folgend, weiter in westlicher Richtung. Der Pfad verläuft dicht an der N 67 und führt durch einen dichten Nadelwald.
Wir staunen über das satte Grün des bemoosten Waldbodens und genießen den letzten Kilometer durch eine imposante Landschaft.
Am Parking Nahtsief kamen wir nach etwa eineinhalb Stunden inklusive einer kleinen Pause rechtzeitig vor dem nächsten Regenguss an. Bei einer nachträglichen Rekonstruktion unserer Wanderstrecke stellten wir fest, dass unsere Route 5,27 Kilometer und nur 20 Meter Höhendifferenz aufweist.
Informationen zu den farbigen Wegmarkierungen (z. B. Nr. 71 und 44) gibt es unter
Kontaktangaben
Haus Ternell / CRIE Eupen
Ternell 2-3
B-4700 Eupen
info@ternell.be
T.: +32 (0)87 55 23 13
Öffnungszeiten
Montag bis Freitag: 10.00 – 12.00 Uhr und 13.00 – 17.00 Uhr
Sa, So und Feiertag: 10.00 – 17.00 Uhr