D-56170 Bummel durch den Schlosspark Sayn

Gartendenkmal des 19. Jahrhunderts

Ein sonniger Tag im Juli des Jahres 2020. Trotz aller Lockerungen nach dem ersten Corona-Lockdown war das Schwimmbad in Bendorf-Sayn geschlossen. Für größere Touren auf die Höhen entlang des Rheins war es zu heiß und die Zeit nach den Arbeitseinsätzen in Koblenz zu knapp. So kam es zu einem Bummel durch den schattigen Sayner Schlosspark. Und der hat eine lange Geschichte.

Eine Tafel vor dem Schloss ist die Grundlage aller Informationen zu diesem Beitrag. Hier ist zu lesen, dass der im Jahre 1848 aus russischen Militärdiensten zurückgekehrte Ludwig Adolph Friedrich Fürst zu Sayn-Wittgenstein (1799-1866) das Rittergut Sayn mit dem Schloss von Clemens Wenzeslaus Graf von Boos-Waldeck erwarb. Der preußische König Friedrich Wilhelm IV schenkte ihm den Burgberg mit den Ruinen der Burg Sayn.

Der Archirekt A.F.J. Girard aus Paris ließ das Schloss im Auftrag des Fürsten im neogotischen Stil umbauen und erweitern. Danach wurde das Schloss durch einen romantischen Schlosspark umrahmt. Dieser bestand aus einem als englischer Landschaftsgarten mit Weiher und Grotte angelegten Talgrund und dem Burgberg mit Laubengang und Serpentinenwegen.

Wörtlich heißt es auf der Tafel (O-Text): „Der vor dem Schloss gelegene untere Teil des Parks wurde vor allem mit natürlichen Mitteln gestaltet, mit Bodenmodellierungen, Wiesen, Wegen und Baumgruppen. Besonders wichtig war der Weiher mit seiner malerischen, von Nadelbäumen gerahmten Brücke.

Aus dieser Zeit stammen noch Säuleneichen, Blutbuchen, Österreichische Schwarz-Kiefern, Hänge-Silber-Linden, Lärchen und ein besonderer Berg-Ahorn mit weiß geflecktem Blatt. Eine alte Kastanienallee von 1785 blieb teilweise erhalten, wurde aber mit Baumgruppen kaschiert.“ (O-Text Ende).

Der barocke Pavillon, der in den Park einbezogen wurde, ist inzwischen zu einer Ruine verfallen. Am Westrand des Parks wurde eine „Löwengrotte“ angelegt. Zwei Schalenbrunnen aus Gusseisen wurden vor der markanten Freitreppe zwischen Park und Schloss symmetrisch aufgestellt.

Weiter erfährt man, dass in den Treibhäusern der Schlossgärtnerei eine wertvolle Sammlung von Palmen, Palmfarnen, Kamelien und anderer exotische Kübelpflanzen gepflegt wurde. Und für die fürstliche Tafel wuchs hier auch Obst und Gemüse, sogar Ananas.

Nicht auf unserer Wegstrecke lag der Laubengang zum Burgberg. Dieser bietet der Info-Tafel zufolge herrliche Fernsichten. Unterhalb des mittleren Burghauses wurde früher auch ein Weinberg angelegt.

Der Sayner Schlosspark ist ein Werk des Gartenkünstlers Carl Friedrich Thelemann (1811-1889), der bis 1846 im Botanischen Garten St. Petersburg tätig war und danach bis 1868 als Gartendirektor unter Herzog Adolph von Nassau in Biebrich diente. Der Schlosspark Sayn war seine erste eigenständige Arbeit.

Thelemann entwarf unter anderem auch Anlagen in Baden-Baden und Mainz, auf der Insel Mainau und zuletzt das Palmenhaus im Frankfurter Palmengarten. Er arbeitete bei der Umsetzung seiner Entwürfe mit Heinrich Siesmayer (1817-1900) zusammen. Der Sohn einer bayerischen Gärtnerfamilie gründete 1842 in Bockenheim die Gartenbaufirma Gebr. Siesmayer, die auch Pfanzen und Pavillons produzierte. Zu einem der bekanntesten Gartenkünstler wurde Siesmayer unter anderem auch durch die Anlage des Kurparks in Bad Nauheim.

Allein der Schlosspark Sayn mit seinen hohen Anforderungen, mit der Neuanlage des Weihers, dem Aufbau der künstlichen Grotte oder den Arbeiten an den steilen Hängen des Burgbergs ließen auf eine gute Zukunft der Gebr. Siesmayer hoffen. Auch Fürst Pückler-Muskau bezeichnete ihn als „großen Meister für die Zukunft“. Bis zum Jahre 1890 schuf Siesmayer fast 500 kleinere und größere Gartenanlagen.

Die mit Kupferstichen, historischen Bildern und Portraits der genannten Künstler und Eigentümer illustrierte Infotafel beschreibt auch den Park im 20. Jahrhundert. Hierzu erfährt man, dass Park und Schloss schon im Ersten Weltkrieg und auch in den folgenden Jahren eine Leidensphase überstehen mussten.

Das Schloss und die Nebengebäude wurde mit Soldaten und später mit notleidenden Familien belegt. Im Park wurden Bäume als Brennholz gefällt und auf den Wiesen weideten Kühe.

Die Fürsten Sayn-Wittgenstein-Sayn starteten erst in den 1930er Jahren umfangreiche Reparatur- und Modernisierungsmaßnahmen, die jedoch mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges wieder eingestellt wurden.

Natürlich gibt es auf der Infotafel auch die Angaben zu den heutigen Gegebenheiten. „Bis auf Widerruf“ ist der knapp 7 ha große untere Teil der Parkanlage öffentlich frei zugänglich. Grundlage dafür ist ein Vertrag mit der Stadt Bendorf aus den 60er Jahren. Diese hat sich mit der Unterzeichnung zur Pflege und Verkehrssicherung verpflichtet.

Mit dem Verein zur Erhaltung des Kulturguts Fürstlicher Schlosspark arbeitet die Stadt an der Wiederherstellung historischer Strukturen und an der Nachbepflanzung. Die Grundlage dazu wurde von der Gartenarchitektin Barbara Vogt entwickelt.

Besonders erwähnt wird die Rekonstruktion der in den 60er Jahren abgetragenen Freitreppe. Hierzu sei das Land Rheinland-Pfalz vertraglich verpflichtet, nachdem das Schloss im Zweiten Weltkrieg zerstört und zum Ende des 20. Jahrhunderts wieder aufgebaut wurde.

Weiter ist zu lesen (O-Text): „Neben den Bemühungen zur Pflege und zum Erhalt des Gartendenkmals stehen zeitgemäße Ergänzungen des Schlossparks. Anlässlich des 60. Geburtstages von Fürstin Gabriela (* 1950) und des 40. Geburtstages von Erbprinz Heinrich (*1971) ersetzte der Bendorfer Künstlers Jan Schröder das verlorene Knüppelholzgeländer der Weiherbrücke durch eine moderne Variante.“ (O-Text Ende).

Somit können wir errechnen, dass unsere Infotafel zum Schlosspark im Jahr 2010 hier aufgestellt wurde.

Auch Fürst Alexander verzichtete auf Geschenke zu seinem 70. Geburtstag und bat stattdessen um Spenden für die Neugestaltung der Brüstungsmauer der Roten Brücke. Den Entwurf lieferte der Architekt Thomas Steinhardt.

Auf unserem Bummel durch den Park konnten wir auch den „Garten der Schmetterlinge“ von außen Bestaunen. Der Eintritt war aufgrund der Corona-Krise nicht möglich. Diese Attraktion wurde 1987 von Fürstin Gabriela „in Anlehnung an historische Palmenhäuser und Menagerien“ geschaffen.

Der Tafel zufolge werden die Besucher zu „normalen Zeiten“ von rund 1000 tropischen Schmetterlingen in einer exotischen Gartenlandschaft umschwirrt. Auch Ausstellungen zeitgenössischer Kunst finden dann hier statt.

Wir haben den Bummel durch diesen herrlichen Park im Juli 2020 genießen können. Und zum Abschluss empfiehlt sich eine Einkehr in der „Sayner Scheune“ mit seinem großen, schattigen Biergarten.

Nähere Infos/Kontakt:

Tourist-Information Bendorf

In der Sayner Hütte 8

56170 Bendorf-Sayn

Tel. 02622 / 9849550

info(at)saynerhuette.org

oder

Stadtverwaltung Bendorf – Fachbereich 4 Tourismus

Nadine De Bock

Tel. 02622-703-105

Bürozeiten: Mo. –Fr. 08:30 – 13:30 Uhr

touristinfo.sayn(at)bendorf.de

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert