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Auf dem Panoramaweg zum Obernburg
Wer schon einmal auf der Autobahn A 44 in Nordhessen unterwegs war, kann sie nicht übersehen haben: Die mächtige Burg hoch über Gudensberg. Die Gemeinde mit ihren sieben Stadtteilen und fast 10.000 Einwohnern hat noch vieles mehr zu bieten als die Ruine ihrer Oberburg. Davon konnten wir uns während eines Arbeitseinsatzes im April 2025 überzeugen.
Hervorragend untergebracht im Ferienhaus Distelfink (Große Binde2) waren nach Feierabend tolle Wanderungen und Radtouren möglich gewesen. Leider aber spielte das Wetter nicht mit, so dass es bei kurzen Erkundungswanderungen und abgebrochenen Ausflügen mit dem Rad blieb. Doch trotz aller Wolkenbrüche konnte ich zumindest die Burg und einen Teil der historischen Altstadt kennen lernen.
Direkt von der Ferienwohnung marschierte ich durch den Friedhof mit seinen Obstbäumen, die in voller Blütenpracht standen. Über die „Kleine Binde“ und den Holzweg komme ich an das Obertor.
Ich folge nun der Markierung des lokalen Panoramaweges – Teil des Hessenweges Nr. 11 – und stehe am Tor zum Alten Friedhof. Hier ist auf einer kleinen Infotafel folgendes zu lesen: „Lipidarium im Chattengau: Der Alte Friedhof wurde 1542 außerhalb der Stadtbefestigung angelegt, weil der Kirchhof an der Stadtkirche keinen Platz mehr bot.
Die letzte Beisetzung erfolgte hier 1946. Ab 1985 wurde das Gelände zu einem kleinen Freilichtmuseum umgestaltet.“
Auf der Tafel wurden die Bestandteile des Lapidariums aufgelistet: Das Eingangsportal, das Ehrenmal für die Gefallenen des 1. Weltkrieges, historische Grabmäler und Grenzsteine, das alte Predigthäuschen und der Gedenkstein für Dr. Hugo Brunner.
All diese steinernen Zeugnisse seien kulturhistorische Besonderheiten im Chattengau. (Quelle: Tafel Nr. 6 vor Ort zum historischen Rundgang)
Diagonal verläuft der Panoramaweg durch das Areal des historischen alten Friedhofs. Stark ansteigend führt er am Ehrenmal vorbei durch ein Holzgatter und dann serpentinenartig weiter aufwärts.
Wie ich später feststelle, sind rund 80 Höhenmeter auf die Gipfelhöhe von 294 m ü. NN zu überwinden.
Der Aufstiegspfad ist herrlich und bietet von Schritt zu Schritt immer beeindruckendere Aussichten auf Gudensberg und Umgebung.
Zum Bild: Hier verzweigen sich der Panoramaweg und der Aufstieg zur Obernburg.
Dann kommt die Oberburg-Ruine, die ein halbes Jahrtausend (11. bis 16. Jahrhundert) als stolze Burg und markantes Wahrzeichen auf dem Schlossberg stand und die Bedeutung von Gudensberg als wichtiges Herrschaftszentrum im heutigen Nordhessen unterstrich, ins Blickfeld.
Auf einer Infotafel können wir die wechselhafte Geschichte der Burg kennenlernen. Unter dem Titel „Heute ein Ort zum Verweilen – früher ein Kriegsschauplatz“ erfahren wir folgendes:
„Die erste Erwähnung des Namens Gudensberg findet sich in einer Urkunde aus dem Jahre 1121, in der COMES GYSO DE UDENESBERC genannt wird. Das lateinische Wort COMES bedeutet Graf und dieser Graf Giso war der Herr in der Grafschaft Maden, der sich dann nach seiner Burg VON GUDENSBERG nannte.
Doch schon im Jahr darauf fiel Nordhessen an die Thüringer Landgrafen, die hier bis 1263 herrschten. Danach war die Oberburg kurzfristig der Sitz des Landgrafen von Hessen. Heinrich I. von Hessen (…) verlegte schon 1277 seinen Herrschaftssitz nach Marburg und schließlich nach Kassel“. (O-Text Ende).
Erbitterte Kämpfe gab es in der Folgezeit, die auf dem ständigen Konflikt zwischen den Erzbischöfen von Mainz und den Landgrafen von Hessen basierten.
Bekanntlich verloren Burgen ihre Schutzfunktion, als im Laufe des 15. Jahrhunderts Feuerwaffen und Kanonen zunehmend weiter entwickelt wurden. So zogen die Mächtigen am Ende des Mittelalters vom Berg und die Burgen verloren ihre Bedeutung.
Wie in vielen anderen Orten auch, wurde die Burg schließlich als Steinbruch genutzt und im Siebenjährigen Krieg dann endgültig zerstört. Wörtlich heißt es: „Der Schlossberg wuchs mit Büschen und Bäumen zu, die Ruinen der Burg waren von Schutt, Boden und Bewuchs bedeckt und man brach ganze Mauern ab, um die Steine in der Stadt anderweitig zu verbauen.“ (O-Text Ende).
Unter dem Titel „Vom Steinbruch zum Geschichtserlebnis“ wird vom Wiederaufbau seit Mitte des 19. Jahrhunderts berichtet. Zunächst erfolgte der Wiederaufbau des Burgtores.
Die Mitglieder des Heimatvereins mauerten ab 1950 den Turm bis auf seine heutige Höhe wieder auf und legten zugewachsene Flächen wieder frei. Die mächtigen Ringmauern wurden vom Verein der Obernburgfreunde seit 1985 wieder aufgebaut.
Abschließend liest man: „Dank dieses Engagements ist das wieder aufgerichtete Tor der Obernburg nun das Wahrzeichen der Stadt – und der Schlossberg ein friedlicher Ort für Erholung und Freizeit“. (O-Text Ende).