Zum Königsstuhl auf dem Glöckner
Einer der schönsten von 13 Rundwanderwegen der Bergstadt Ruhla ist die „Glöcknerrunde“, die am Parkplatz Schützenhaus (Navi-Anschrift Altensteiner Straße 30) beginnt und mit einem grünen Dreieck markiert ist.
In einem Prospekt, das bei der Tourist-Information (Neuer Markt 1, 99842 Ruhla, Tel. 036929-89013) erhältlich ist, sind sämtliche Rundwanderwege und Stadtrundgänge aufgeführt. Die Glöcknerrunde über 6,8 km wird mit einer Höhendifferenz von 212 Metern als mittelschwer eingestuft.
Hier die Kurzbeschreibung im Wortlaut: „Die Tour führt an der Schanzenanlage ALTE RUHL vorbei, der Trainings- und Wettkampfstätte des Wintersportclubs 07. Über die Storchswiese und durch das Beerwindental geht es auf den Rennsteig bis zur Schillerbuche.
Ehe man zum Granitfelsenmassiv Glöckner gelangt, lädt eine geschmückte Finnhütte am Wegesrand zum Verweilen ein. Der traumhafte Ausblick vom Sitz des Felsenthrons KÖNIGSSTUHL des Glöckners lohnt zu jeder Jahreszeit.
Durch den UNGEUEREN GRUND geht es schließlich zurück zum Ausgangspunkt. In den Sommermonaten sollte man sich den Sprung ins kühle Nass im Waldbad Ruhla direkt am Ausgangspunkt gönnen“. (O-Text Ende).
Am Schützenhaus herrscht reger Lieferbetreib, während ich meinen Rucksack packe und diverse Infotafeln zum NORDIC ACTIV Langlaufzentrum betrachte. Wintersportler kommen hier voll und ganz auf ihre Kosten. Die Strecke führt vom Parkplatz links an der Gaststätte Schützenhaus vorbei und führt durch herrlich grünen Laubwald.
Schon bald finde ich eine ältere Infotafel zum „Messerweg zwischen Steinbach und Ruhla“. Hier erfährt man, dass das Gelände vom Stadtausgang bis zu diesem Punkt als „Alte Ruhl“ bezeichnet wird, weil es der Standort der Ruhlaer Erstsiedlung war.
“Wie das Dorf Glasbach im unmittelbaren Rennsteiggebiet auf der Kammhöhe des Gebirges war es eine Streusiedlung und existierte etwa vom 12. bis 14. Jahrhundert (…). Die Siedler waren oftmals gleichzeitig Bergleute, Köhler, Schmelzer und Schmiede.
Sie gruben das in Gängen versteckte Eisenerz aus, verhütteten es an Ort und Stelle im Rennfeuer zu schmiedbarem Eisen und stellten daraus Gebrauchsgegenstände wie Nägel, Beschläge sowie sicher auch Schwerter und Dolche her.
Die bekannte Sage vom Schmied von Ruhla und dem hartgeschmiedeten Landgrafen Ludwig II. hat also einen realen Hintergrund“. (O-Text ENDE)
Kurz darauf erreiche ich die Schanzenanlage der TSG Ruhla e.V. / Wintersportclub 07, so der offizielle Vereinsname, der an einer Skihütte zu lesen ist.
Viel zu lesen gibt es auch an einem Infohäuschen am Naturpark-Tor Thüringer Wald. Die beiden Schanzen haben bei weitem nicht dir Größe wie etwa die der Mühlenkopfschanze in Willingen. Doch auch hier bekommt man Respekt vor allen, die hier hinab springen.
Nachdem ich mich im Naturparktor eingehend über die Granitformation RENNSTEIG EHRENMAL GLÖCKNER informiert habe, gehe ich weiter auf dem noch nur leicht ansteigendem Wanderweg.
Dieser führt bald über die Hauptstraße und nach exakt einem Kilometer erreiche ich einen SOS-Fahrzeugtreffpunkt bei Notfall (Po. WAK – 7335 – Nummer wie immer 112).
Die Storchswiese ist der nächste interessante Punkt auf der Wanderstrecke, der in diesem Abschnitt noch gleichauf mit dem Messer- und Pfeifenweg verläuft.
Ich staune über uralte, abgestorbene Bäume bzw. deren Überreste und tropisch anmutende Pflanzen an einem kleinen Tümpel. Dieser befindet sich am DREIHERRENSTEIN.
Eine Tafel erklärt den Namen: „Bis 1990 stand in etwa an dieser Stelle der historische Dreiherrenstein am Glasbach“.
Um 1765 trafen hier die Grenzen der Herzogtümer Sachsen-Coburg-Gotha (Amt Tenneberg), Sachsen-Meiningen (Amt Altenstein) und Sachsen-Weimar-Eisenach (Amt Eisenach) aufeinander. Der jetzigen symbolische Ersatzstein wurde erst 2022 durch die Ruhlaer Heimatfreunde gesetzt.
Weiter geht es nun durch das so genannte Beerwindental, nunmehr etwas stärker ansteigend. Auf der nächsten Infotafel zum Messerweg erfahre ich viel über den Ort Glasbach, der heute durch das überregional bekannte Internationale ADAC-Glasbach-Rennen um die Europa-Bergmeisterschaft bekannt ist.
Es findet 2024 vom 14. bis 16. Juni statt. Auf der Tafel erfährt man unter anderem, dass der Name Glasbach weder von einer Glashütte noch von einer einstigen Klause (Einsiedelei) abzuleiten ist. Man vermutet, dass es von der keltischen Bezeichnung GLAS = Grenze abstammt.
Mit Glasbach sind zwei Bäche gemeint, die in der Nähe entspringen und sowohl auf der Ruhlaer als auch auf der Steinbacher Seite des Gebirges zu Tale fließen. Es geht weiter bergauf bis auf 647 Höhenmeter.
Dann erreiche ich die Schillerbuche. Hier wird die Entfernung zum Startpunkt mit 2,8 km angegeben. Auf meiner Uhr Große Meilerstätte, Schillerbuche, stehen allerdings schon mehr als 3 km. Klar doch, durch die kleinen Abstecher.
Erneut überschreite ich die Landstraße nach Bad Liebenstein und finde (wie leider schon so oft) ein Gasthaus ohne Pächter vor. Personal wird allerorts dringend gesucht.
Immerhin kann ich hier bei aufkommendem Regen eine Pause unter schützendem Dach einlegen und eine Unmenge an Infotafeln betrachten.
Ab hier verläuft die Glöcknerrunde über einige Kilometer gleichauf mit dem Rennsteig, dem Fernwanderweg E 3 und dem Lutherweg 1521. Die Lutherweg-Pilger finden hier einen Stempelkasten und eine Infotafel mit der Überschrift „Von Grenzpunkten und Rennstrecken am bekanntesten Wanderweg Deutschlands“ vor.
Hier ist zu lesen: „In direkter Nähe zum Lutherweg 1521, zum Messer- und Pfeifenweg und dem Europäischen Bergwanderweg E 3 liegt die Wallfahrt am Rennsteig am Kreuzungspunkt dreier benachbarter Landkreise. Nur wenige Gehminuten entfernt liegt die Wüstung Glasbach, in deren Zentrum sich die mittelalterliche Kapelle befindet.“ (O-Text ENDE)
Fast hätte ich es versäumt, mir die Schillerbuche genauer zu betrachten. Sie liegt jenseits der Landstraße und auf einer Tafel erfahre ich, dass die Namensgebung des Baumes zum 100. Todestag Friedrich Schillers am 9. Mai 1905 erfolgte. Bereits zum Zeitpunkt dieser Weihe war der Baum schon etwa 150 Jahre alt, 1938 wurde er vom Landrat des Kreises Meiningen als Naturdenkmal ausgewiesen.
Verschiedene Messungen ergaben eine Höhe von 22 Metern und einen Umfang von 3,80 Metern. Inzwischen ist aus der ehemals stattlichen Buche ein alter knorriger Baum mit beträchtlichen Altersschäden geworden. Naturfreunde aus der Region bemühen sich seit geraumer Zeit um den Erhalt des traditionsträchtigen Baumes.
Mich führt der Weg weiter in Richtung Glöckner (1,2 km) und Große Meilerstätte (2,0 km). Über einen Straßenabzweig nähere ich mich der geschmückten Finnhütte, auch Glöcknerhütte genannt.
Sie ist tatsächlich mit Blumen geschmückt und wer möchte, kann sich hier auch in ein Hüttenbuch eintragen.
Es geht weiter aufwärts und dann habe ich das absolute Highlight dieser Tour erreicht: Das Glöckner-Granitmassiv. Auf 702,5 m ü. NN habe ich hier nicht nur den höchsten Punkt dieser Tour, sondern aller meiner bisherigen Touren im Naturpark Thüringer Wald erreicht.
Natürlich werden noch im weiteren Verlauf des Rennsteigs höhere Punkte auf mich warten. Das Glöckner-Massiv (Ehrenmal mit vielerlei Inschriften) mit dem Königsstuhl liegt nicht direkt am Weg.
Etwa 100 Meter muss man Rennsteig und E 3 etc. verlassen. Aber es lohnt sich. Der Anblick ist ebenso spektakulär wie die Aussicht. Bei wikipedia erfahre ich, dass der Glöckner (früher auch Klöckner genannt) ein von Blockmeeren umgebener Berg mit zwei Felskuppen ist.
In den Inschriften wird unter anderem an Oberforstrat Gottlob König, den Pädagogen Friedrich Fröbel, den Gründer der Ruhlaer Vereinssektion Ludwig Hertel, die Rennsteigforscherin Elisabeth Streller und an die im ersten Weltkrieg gefallenen Mitglieder des Rennsteigvereins erinnert.
Ich wundere mich, dass an diesem markanten Punkt keiner der über 430 Stempelkästen des TOURINGEN-Projektes zu finden ist. Den Stempel mit der Nummer 2 werde ich erst nach 900 Metern an der „Großen Meilerstätte“ in einer Hütte finden.
Dazwischen stoße ich noch auf den „Nebestein“, ein „Gedenkstein von 1918 für einen Wald- und Naturliebhaber“, der 50 Meter abseits des Wanderweges liegt.
Bevor ich die Große Meilerstätte erreiche durchwandere ich eine vermutlich durch den Orkan Kyrill 2007 verwüstete Landschaft. Ein gewaltiger Kahlschlag, an dem natürlich aber auch der Mensch für die Produktion von Holzkohle zuvor beteiligt war.
In der Hütte an der Großen Meilerstätte treffe ich einen Radfahrer, der sich seine Suppe mit dem Gaskocher erhitzt. An diesem Punkt verlasse ich den E 3, den Rennsteig und auch den Lutherweg 1521 und tauche ab in den „Ungeheuren Grund“.
Von der Großen Meilerstätte (671 m ü. NN), dem einst wegen eines reichen Buchenbestandes bevorzugten Standortgebiet von Holzkohlemeilern, geht es nur noch abwärts, teilweise sogar recht steil. 1,8 Kilometer sind es noch zum Ausgangspunkt.
Ich halte im “Ungeheuren Grund“ Ausschau nach Ungeheuern. Einige finde ich, aber nur mit viel Phantasie.
Einige in Form von verkrüppelten Bäumen, andere in Form von bemoosten Hängen, in denen ich Auge, Nase und Mund erkenne. Eine herrliche Landschaft.
Der letzte Abschnitt folgt einem Bachlauf immer weiter ins Tal hinab. Ein umgestürzter Baum ist zu überwinden, dann hört man schon den Straßenlärm vor dem Parkplatz Schützenhaus.
Links am Wegrand steht noch eine Infotafel, die die Bedeutung von totem Holz erläutert. Dann ist das Ziel erreicht. Mit allen meinen Abstechern hatte ich 7,28 km auf dem “Tacho“.
Eine wunderschöne Wandertour mit vielen Highlights. Ideal für eine Vormittagsrunde. Und für den Nachmittag steht ein weiterer Rundwanderweg von Ruhla auf dem Plan.