D-93326 Besuch bei Kuchlbauers Turmweihnacht (1)

Vom Gillamoos-Festplatz zum Maderturm

Abensberg (bm). Nicht viele werden das niederbayerische 14.000-Einwohner-Städtchen Abensberg kennen. Es liegt in der Hallertau, von wo auch unsere heimischen Brauereien ihren Hopfen beziehen.

Auch mit dem Begriff Gillamoos werden bei uns in Oberhessen nur wenige etwas anfangen können. „Der Gillamoos gilt als unangefochtener Höhepunkt des lokalen Kalenders, für die Meisten ist er weit mehr als eine fünfte Jahreszeit – er ist ein Lebensgefühl“, heißt es auf der städtischen website. Fünft Tage lang ist die ganze Region im Ausnahmezustand. Bis zu 300.000 Besucher fluten dann die kleine Stadt am Fluss Abens. Dazu braucht es natürlich riesige Parkflächen.

Auf einem solchen – dem Gillamoos-Parkplatz – kommt unser Gimmler-Bus mit 33 Gästen aus Mittelhessen am Samstag, 29. November um 15 Uhr an. Zu dieser Uhrzeit herrschte noch wenig Betrieb.

Es ist jedoch nicht das Gillamoos-Fest, sondern Kuchlbauers Turmweihnacht, die in diesen Tagen Hunderttausende nach Abendberg lockt. Wir nehmen Kurs auf den bemerkenswerten Hundertwasser-Turm, der von weitem schon sichtbar ist. Der 1928 in Wien geborene Friedensreich Hundertwasser war nicht nur Maler, sondern auch in den Bereichen Architektur und Umweltschutz aktiv und galt zeitlebens als Gegner der „geraden Linien“.

Wir passieren am Parkplatz zunächst Kuchlbauers Weißbierstadl. Hier kann man sich lebhaft vorstellen, wie es zugeht, wenn Volksfeste mit Schweinshaxe, Weißwurst und gefüllten Maßkrügen stattfinden.

Über die Münchner Straße überqueren wir bald die Abens, gehen dann nach links am Maderturm vorbei und erreichen einen kleinen Weihnachtsmarkt, auf dem noch wenig Betrieb herrscht.

Am Kunsthaus vorbei zur Brauerei-Führung

Das Friedensreich Hundertwasser kein Freund der „geraden Linien“ war (verstorben im Februar 2000 an Bord der Queen Elisabeth 2 vor Brisbane), sieht man ganz deutlich am Kunsthaus.

Das Kunsthaus Abensberg bietet seinen Besuchern einen einzigartigen Einblick in das Leben und das Werk des Künstlers. Auf zwölf Ebenen kann man sich die Ausstellung inklusive Kinovorführungen ohne Führungen und zeitliche Begrenzung anschauen.

Leider kamen wir nicht dazu, das Kunsthaus von innen zu erkunden. Denn wir waren zu einer Brauerei-Führung verabredet und mussten uns beeilen. Ein wohlbeleibter Herr hieß uns in aufheiternder Manier willkommen.

Führung durch die Kuchlbauer-Brauerei

Dass Alkohol in Maßen genossen nicht schadet, wird ja heute von Medizinern dementiert. Nicht aber beim Kuchlbauer.

Schon im Foyer findet man ein Puppenpaar, dass Arzt und Patient darstellt, und den Spruch: „A Schlauer kauft sei Arznei beim Kuchlbauer“.

Und unser Brauereiführer macht deutlich, dass beim Weissbierbrauer Kuchlbauer alles aus besten Rohstoffen aus den besten Anbaugebieten rund um Abensberg hergestellt wird. Abensberg sei bekannt als das Tor der Hallertau, dem größten geschlossenen Hopfenanbaugebiet der Welt mit dem besten Aromahopfen.

Der Weizen kommt vom Gäuboden mit seinem fruchtbaren Lößboden, auf dem Brauweizen hervorragender Güte gedeiht. Abendberg grenzt nach Westen an den bayerischen Jura. Auf den kalkreichen Böden wachse eine feinspelzige, eiweißarme Braugerste und das Wasser kommt aus einem eigenen Brunnen, dessen Wasser aus 23 Meter Tiefe quellfrisch und rein hervorquillt.

Diese Angaben haben wir der Weissbierkenner-Urkunde entnommen, die man auch ohne Kenntnisprüfung bekommt. Zum Brauverfahren (original echt altbayerisch) liest man: Rein obergärige Hefe und beste Rohstoffe prägen den runden, milden, unverwechselbaren Geschmack und das blumige Weissbieraroma mit dem feinen Hefebouquet“.

Des weiteren wird auf echte Flaschengärung verwiesen: „In mindestens drei Wochen entsteht das natürlich gereifte Weissbier in Klimakammern. Dem Weissbier mit Flaschengärung werden keine Geschmacksträger durch Filtration entzogen. Die Seele des Bieres wird geschont“, so der Text auf der Urkunde.

Kuchelbauer ist übrigens kein Familienname. Den Hausnamen Kuchlbauer führte im Mittelalter derjenige Bauernhof, der die Küche des bischöflichen Hochstifts versorgte. Den hervorragenden Ruf begründete Michael Salleck (1879-1937), der Bier als ein hygienisches Getränk, das nicht schnell fabriziert wird, sondern in Ruhe entsteht, definierte.

Unter dem Untertitel „Geschichte und Erfahrung“ erfährt man noch folgendes: „Weissbiergerechtsame bestehen beim Kuchlbauer seit 1640. Eine neue Braustätte mit separatem Weissbiersudhaus und Gärkeller wurde 1918 erbaut. Braurechte seit 1300: Um 1300 erhält das Brauhaus die Braurechte von den Grafen von Abensberg und ist damit die 15. älteste Brauerei der Welt.“ (O-Text Ende).

Seit 1684 steht die Brauerei in Familientradition und ist seit neun Generationen mit dem Brauhandwerk verbunden. Wer die Brauerei ohne Führung besichtigt, kann einer farbenfrohen Kachelspur durch sämtlich Räume folgen. Viele Puppen und so manches kleines Puppentheater kündet von der Tradition des Brauens und des Biertrinkens. Und jede Menge Sprüche sind zu finden. Einen davon verwenden wir als Schlusspunkt dieses Betrags. Es stammt von Schwester Doris, Braumeisterin der Klosterbrauerei der armen Franziskanerinnen Mallersdorf und lautet: „Bier ist g`sund – solang man`s net sauft“.

Teil 2 folgt

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