D-65344 Auf dem Mühlenwanderweg Walluftal

Von Martinsthal zum Oberwallufer Schlag

26 Mühlen wurden einst im romantischen Walluftal betrieben. Am „Tor zum Rheingau“ gibt es einen 11 Kilometer langen Wanderweg, auf dem fast alle dieser Mühlen nur noch als Zeugen der Vergangenheit zu sehen sind. Das waren Ölmühlen, Walkmühlen, Mahlmühlen, Lohmühlen, Schleifmühlen und Papiermühlen Eine komplette Wegbeschreibung zur Strecke mit Karte findet Ihr unter diesem Link: Mühlenwanderweg Walluftal – Rheingau

Hier wird der Streckenverlauf talaufwärts von der Mündung des Wallufbaches in den Rhein über Martinsthal und Schlangenbad nach Wambach beschrieben. Ich war im Juni 2024 für einen Arbeitseinsatz mit den Kollegen in Martinsthal einquartiert. Der Ort leidet seit jeher unter dem Berufsverkehr auf der B 260. Baustellen verschärfen die Situation dramatisch.

Alle Gaststätten im Ort sind werktags geschlossen und in unserer Pension Monika direkt am Kirchturm gab es keine Möglichkeit der Selbstversorgung. Ausgerechnet in dieser Zeit hatte auch der Asia-Imbiss direkt an der Bundesstraße Urlaubsauszeit und als einzige Einkaufsmöglichkeit gab es nur die beiden Tankstellen. Da bleibt nur die Möglichkeit, einen Supermarkt oder eine Gaststätte in Nieder- oder Oberwalluf aufzusuchen. Dann aber könnte es sein, dass man abends in Martinsthal keinen Parkplatz in den engen Gassen mehr findet.

So war es weniger die Wanderlust als der Notstand, der mich bei hochsommerlichen Temperaturen zu einem Spaziergang in Richtung Rheinufer antrieb. Und dafür nutzte ich den Mühlenwanderweg.

An Wandermöglichkeiten mangelt es in Martinsthal wahrlich nicht. Man findet hier unter anderem die Markierungen des Rheingauer Gebück-Wanderweges, der Extratour und eines Zubringerweges zum Rheinsteig, des Gutenberg-Weges und direkt vor meiner Haustür noch die des Rundwanderweges “Kulturdenkmäler Martinsthal“ (4,5 km). Letzterer ist jedoch so lückenhaft markiert, dass schon nach zwei Verzweigungen das Interesse an diesem Weg verloren habe.

Vom Kindlinger Platz, benannt nach dem Priester und Archivar Nikolaus Kindlinger (1749-1819) starte ich nach Kopfkompass in Richtung Rhein.

Ich gehe an der kath. Kirche St. Sebastianus eine Treppe hinab zur Hauptstraße und passiere das schmucke Gasthaus „Zur Krone“, dass leider nur noch für seine Hotelgäste geöffnet ist. An der Schliersteiner Straße (B 260) finde ich den erhofften Wegweiser in Richtung Walluf und eine erste Markierung des Mühlenwanderweges.

Auf der B 260 staut sich der Berufsverkehr wie immer zum Feierabend in Richtung Schlangenbad bis zur B 42. Ich folge der Markierung des Mühlenwanderweges und komme über den Bleichweg an den Parkplatz zum Wein- und Schlemmerstand, an dem leider nur an den Wochenende Hochbetrieb herrschen soll.

Eine prachtvolle Mühle finde ich als Nachbau auf einem Privatgrundstück, von den echten gibt es ja leider nur noch wenige Überreste.

Auf dem Parkplatz am Wein- und Schlemmerstand finde ich eine große Infotafel zur „Rieslingschleife Martinsthal“. Das ist ein 7,9 km langer Wanderweg mit 185 Metern An- und Abstieg.

Auf der Infotafel gibt es den QR-Code und eine Wanderkarte sowie eine Erläuterung zum „Alleskönner Riesling“. Hier der Originaltext: „In den trockenen, flachgründigen und steinigen Südhängen wächst keine Rebe besser als der Riesling. Sie liebt die Sommersonne, trotzt aber auch vielmehr als andere Rebsorten dem Frost des Winters. Am Sonnenhang geht es durch die bekannte Lage Martinsthaler Wildsau hinauf zum Waldrand. Im Sommer kühlt der Weg durch den Wald entlang einer hochgewachsenen Kastanienallee aufs Angenehmste. Wieder in den Martinsthalern Weinbergen angelangt, reicht der Blick weit bis ins Mainzer Becken. Da kommt das Weinbergshaus by Diefenhardt gerade recht. Ein wunderschöner Platz für Picknick oder Einkehr. Meist die Königin der Reben im Blick, führt der Weg wieder hinab zum Weinort Martinsthal“.

Zweifellos ein interessanter Wanderweg. Aber nicht bei über 30 Grad im Schatten. Vor dieser Wanderung habe ich bereits Bekanntschaft mit dem Begriff „Martinsthaler Wildsau“ gemacht. Direkt an einem der heiß umkämpften Parkplätze an der Hauptstraße gibt es einen „Wildsauplatz“.

Hier wird jedoch erklärt, dass die berühmte Weinlage nichts mit wilden Schweinen zu tun hat. Der Name kommt von einer Stelle, an der Wild häufig aus dem Wald kam. Die Einwohner nannten sie deshalb „Wild`s Au“.

Den Wanderweg „Riesling-Schleifen“ habe ich für kühlere Tage vorgemerkt. Nicht nur die moderne Ausgestaltung, sondern auch die Markierungen sind vielversprechend. An Straßenschildern findet man sogar Aufkleber mit den Koordinaten, Notrufnummer und Höhenangabe. Ich befinde mich am Strandort ELT.093 Parkplatz Wein- und Schlemmerstand UTM 32U 437160/5544733 auf 143 m ü. NN. Tourist-Info: 06723-602720.

Perfekt ist ab hier auch die Markierung meines Mühlenwanderweges, der mich auf schattigen Wegen direkt am Wallufbach entlang führt.

Schon bald erreiche den einstigen Standort der Gunkelmühle. Auf einem ovalen Schild ist hier zu lesen: „Die 1870 von Mühlenbauer Josef Faust aus Oberwalluf erbaute Gunkelmühle ist auch als Bollmühle bekannt, da sich in der Nähe der Mühle früher ein Bollwerk des Rheingauer Gebücks befand. Ursprünglich wurde die Wasserkraft an dieser Stelle zum Betrieb von Maschinen zur Holzbearbeitung genutzt, dann aber bald zur Getreidemühle umgerüstet.

Den Antrieb bildete ein oberschlächtiges Wasserrad mit einem Durchmesser von 2,30 Metern und einer Breite von 1,55 bis 1,68 Metern. Damit wurden zeitweise ein Mahlgang, ein Schrotgang, ein Spritzgang und eine Kreissäge angetrieben. Bis in das Jahr 1942 wurde der Mühlenbetrieb fortgeführt. Dann wurde das Gebäude zum Wohnhaus ausgebaut, schließlich 1954 das Mühlwerk samt Wasserrad entfernt“. Dieser O-Text beruht auf Angaben des Heimatarchivs Walluf.

Nach dem Überschreiten einer Brücke sind Wellness und Naturgenuss angesagt.

Eine wellenförmige Liege lädt zum Entspannen ein und der Weg verläuft weiter am schattigen Ufer des plätschernden Wallufbaches.

Stets folge ich dem Bachlauf und verliere dabei die Markierung des Mühlenwanderweges aus den Augen.

So lande ich an der Umzäunung eines Regenüberlaufbeckens in einer Sackgasse.

Um nicht weit zurückgehen zu müssen klettere ich eine Böschung hinauf und finde den Mühlenwanderweg tatsächlich auf Anhieb wieder.

Ich passiere die Brücke der B 42 und komme an den Ortsrand von Oberwalluf.

Hier finde ich eine Infotafel des Rheingauer Gebückwanderweges (Nr. 3) zum Oberwallufer Schlag, auf dem folgendes zu lesen ist: „Oberwalluf gegenüber lag im Mittelalter der Ort Roedgen oder Rode. Heute erinnern nur noch der Name einer Weinbergslage – Rödchen – und eine Kapelle in den Weinbergen an das untergegangene Dorf. Ein bewachter Schlagbaum und aufgestaute Mühlteiche sicherten zusammen mit dem Gebück den Zugang aus dieser Richtung nach Oberwalluf und in den Rheingau.

Das Gebück wurde im Dezember 1461 und im März 1462 zweimal erfolglos von den Truppen des abgesetzten Mainzer Erzbischofs Diether von Isenburg und des Kurfürsten Friedrich von der Pfalz belagert. Sie wollten mit ihren Rittern und Kriegsknechten den Rheingau erobern und so dem neuen Erzbischof Adolf von Nassau zusetzen, der im Rheingau seinen Rückhalt hatte. Aber das Unternehmen misslang und die Verbündeten mussten schließlich erfolglos abziehen. Im März 1462 blieben nach dem zweiten erfolglosen Angriff sogar zahlreiche Tote auf dem Schlachtfeld – der Pfalzgraf soll hinterher dem schlechten Wetter die Schuld gegeben haben“ (O-Text Ende).

Ich gehen noch einige Meter in der Mühlstraße weiter. Dann stehe ich vor dem Restaurant „Die Post“. Hier geht zwar nicht die Post ab, aber eine Einkehr ist sehr zu empfehlen. Die Speisekarte ist sehr vielfältig, die Portionen sind gewaltig und das Personal sehr freundlich. Im Restaurant hätte ich mir auch ein Spiel der Fußball-EM 2024 anschauen können. Als Raucher blieb ich aber lieber im Biergarten und war sogar mit meinem Seniorenteller völlig überfordert.

Fazit dieser Wanderung: Von der Mühlentradition im Walluftal habe ich wenig gesehen und wahrgenommen. Dafür aber habe ich einiges zum Thema Riesling und zum Rheingauer Gebück erfahren. Alles gekrönt mit einer Einkehr in ein empfehlenswertes Lokal (das übrigens mittwochs Ruhetag hat). Hat doch gepasst.

Auf dem Rückweg habe ich die ausgewiesene Alternativroute des Mühlenwanderweges über die Martinsthaler Wiesenstraße gewählt und war nach 6,1 Kilometern wieder in meiner Unterkunft.

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