Teil 1: Durch die Drachenschlucht
Sie gehört zu den schönsten und spektakulärsten Wanderungen des Thüringer Waldes: Die Tour durch die Drachenschlucht vor den Toren Eisenachs. Wer vom Wanderparkplatz Hohe Sonne startet, kann diese Tour ohne Anstrengung, aber gerade bei Nässe nur mit großer Vorsicht genießen.
In Verbindung mit dem Schluchtentour-Rundweg EA 1 geht man nach dem Wendepunkt an der B 19 über die Landgrafenschlucht und den Großen Drachenstein(470 m ü.NN) wieder zur Hohen Sonnen hinauf.
Für mich war der 3,2 km lange Abschnitt durch die Drachenschlucht Teil einer Tagestour am 10. April 2024. Über den Lutherweg 1521 und den Lullusweg habe ich die „Hohe Sonne“ erreicht.
Der Weg durch die Drachenschlucht ist Teil des Europäischen Fernwanderweges E 3 und des traditionsreichen „Wanderweges der Freundschaft“ Eisennach-Budapest (EB).
Wer auf dem Rennsteig wandert und die Nebenrouten ignoriert, verpasst möglicherweise die schönsten Naturerlebnisse der Region. Wir sind bereits im Oktober 2023 vom Rennsteig-Startort Hörschel zur Hohen Sonne und weiter bis zum Wegpunkt Zollstock gewandert.
Wie uns ein Wegweiser verdeutlicht, befindet sich der Einstieg zur Drachenschlucht 14,2 km von Hörschel entfernt. Auf unserer gesamtem bisher zurückgelegten Strecke auf dem Rennsteig haben wir keinen Abschnitt erlebt, der so spannend und beeindruckend war wie der durch die Drachenschlucht.
Wichtig ist jedoch der Zeitpunkt der Durchwanderung. Neben dem Wetter spielt auch der Besucherandrang eine entscheidende Rolle. Nicht nur wegen der engen, manchmal nur 68 cm breiten Felsschluchten wäre hier eine Richtungsvorgabe vielleicht sinnvoll.
Obwohl ich zu früher Stunde unterwegs war, musste ich oft minutenlang warten, um ganzen Schulklassen im Gegenverkehr den Vortritt zu lassen.
Für Notfälle hat ThüringenForst ein System eingerichtet, das Rettungskräften dabei hilft, Verunglückte in der Schlucht zu finden. Alle 200 bis 400 Meter sind Streckenpunktschilder an Bäumen und Felsen angebracht. Natürlich gilt auch hier die Notrufnummer 112.
Eingangs der Schlucht findet man eine Infotafel, auf der ein kleiner Drache die Geschichte dieses Wanderweges kindgerecht erzählt. Dabei erfahren auch Erwachsene, dass die Schlucht im Jahr 1832 durch den Eisenacher Oberforstrat Doktor Gottlob König begehbar gemacht wurde.
Ihren Namen erhielt die Schlucht nach einer alten Sage, nach der vor langer Zeit ein Drache hier gehaust haben soll und vom Heiligen Georg im Kampf besiegt wurde.
Auf nur 2,6 km überwindet die Schlucht einen Höhenunterschied von 200 Metern. Sie zählt zu den bedeutendsten Geotopen Thüringens und ist als geologisches Naturdenkmal ausgewiesen.
Wie gut, dass gerade auf den ersten, steil abfallenden Metern Treppenstufen angebracht wurden. Auch danach ist bei Nässe Vorsicht geboten. Der keine Bach, der die Schlucht durchfließt, tritt oft über den Weg. Trockenen Fußes kommt man hier sicherlich nur nach längerer Trockenphase durch.
Bald läuft man auf Holzplanken über Treppen, Brücken und Stegen weiter. Die Schluchtenwände werden immer steiler, bis sie senkrecht am Wegrand aufragen. Man wandert hier auf Stahlplanken. Unaufhörlich rieselt Wasser an den bemoosten Felsen hinab. Was für ein Erlebnis.
Bald erreiche ich die erste Engstelle, bei der es gilt, den Gegenverkehr zu beachten. Auch schlanke Menschen kommen hier nur schwerlich aneinander vorbei.
Man wandert von einer spektakulären Schlucht zur nächsten und kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Zwischen den Schluchten erreicht man eine Schutzhütte, an der ein Stempelkasten angebracht ist. Stempeljäger bekommen hier den „Touringen-Stempel“ Nr. 8. Von diesen habe ich (bzw. Heiko und ich) schon einige auf dem Rennsteig und auf der Saale-Horizontalen in Jena gesammelt.
Weiter geht es über Holzplanken, Treppen und Stahlrosten durch die Schlucht. Dabei rückt noch ein kleiner Wasserfall als weiteres Naturschauspiel in den Blickpunkt.
Kindern klettern vor den Augen der Eltern auf einem quer über der Schlucht liegenden Baum herum. Nicht so ganz ungefährlich, denk ich mir (siehe Foto).
Schließlich durchschreite ich das Portal, dass für mich den Endpunkt der Drachenschlucht markiert.
Für andere, die auf dem noch einige Hundert Meter entfernten Parkplätzen Paradies oder Phantasie an der B 19 zur Tour aufbrechen, beginnt diese traumhafte, aber aus dieser Richtung nicht ganz so bequeme Tour zur Hohen Sonne.
Die Fortsetzung dieser Runde auf der Schluchtentour AE 1 wird jetzt auch für mich deutlich anstrengender. Schließlich muss ich auch wieder zur Hohen Sonne zurück und dabei den noch höher gelegenen Großen Drachenstein überwinden.
Nach dem Drachenschlucht-Portal geht es noch einige Hundert Meter parallel zur B 19 in Richtung Eisenach abwärts. Die Stadtgrenze ist nur noch etwa einen Kilometer entfernt.
Unmittelbar vor dem Wechsel auf die Landgrafenschlucht finde ich noch eine hölzerne Infotafel zu den Verdiensten von Gottlob König. Aus Dankbarkeit möchte ich den Text im Original hier weitergeben: „Gottlob König – 1779 geboren in Hardisleben, 1849 gestorben in Eisenach. Forstliche Ausbildung in Zillbach. 1805 Revierverwalter in Ruhla, dort Aufbau einer Forstlichen Meisterschule.
1830 Verlegung der forstlichen Großherzoglichen Lehranstalt nach Eisenach und Entwicklung zur Forstakademie. 1840 Ehrendoktor der philosophischen Fakultät in Jena. Verdienste: Eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der Forstwirtschaft und Forstwissenschaft im deutschsprachigen Raum des 19. Jahrhunderts. Maßgebliche Gestaltung der Wälder um Eisenach und Ruhla. Forderung nach Aufbau eines naturnahen Wirtschaftswaldes mit standortgerechter Baumartenwahl und Baumartenmischung. Erschließung der Drachenschlucht als Wanderweg ab 1832. Reorganisation und Novellierung des weimarischen Forsteinrichtungs- und Forstverwaltungswesens.“ (O-Text Ende).
Zum Ende dieser Erläuterungen liest man noch ein Zitat aus dem Jahr 1849: „Die Wälder sind des Landes höchste Zierde“.