NK 02 – Der Freibachweg
Auch am zweiten Wandertag in Neukirchen beim Hl. Blut musste sich unsere Gruppe mit wenig verlockenden Wetterbedingungen abfinden. Wie sich bei einer Besprechung zu unserer Vortagestour (Hoderngossnweg) herausstellte, sollten sowohl die Wanderstrecken als auch die Höhendifferenzen nicht viel anstrengender ausfallen. So entschieden wir uns für den Rundweg NK 2, den Freibachweg. Dieser ist mit 8.132 Metern etwas länger als der NK 7, weist aber mit 157 Höhenmetern eine geringere Anstiegssumme auf.
In unserem Hotel „Klosterhof“ waren wir in der zweiten Frühstückgruppe eingeteilt. Erst ab 9 Uhr durften wir an das reichhaltige Frühstückbuffet und verabredeten uns zum Abmarsch um 11 Uhr. Zunächst mussten wir zum Startpunkt auf dem Marktplatz (Tourist-Info) gehen, wodurch sich die Wanderstrecke auf knapp 10 Kilometer verlängerte.
Als „Guide“ hatten wir uns ein kleines Wanderheftchen im Format DIN A 6 besorgt. Diesem konnten wir entnehmen, dass sich unsere Wanderung in einer Höhenregion von 441 bis 527 m ü. NN bewegte.
Dabei sollten wir einen Abschnitt des Ostbayerischen Jakobsweges, des Fernwanderweges E6, eines Naturlehrpfades und als Hauptattraktion den „Klangweg“ kennen lernen.
Von der Tourist-Info wanderten wir zurück zum Ampelkreuz und bogen dort in die Krankenhausstraße ein. Wir folgten dem Wegweiser in Richtung „Brünst“ und erreichten bald die erste von unzähligen Infotafeln auf diesem etwa 1,5 Kilometer langen Abschnitt. Dort wurden wir über die Besiedlung und Entwicklung der Marktgemeinde Neukirchen b.Hl. Blut aufgeklärt.
Ein Ausschnitt aus der Stadtgeschichte (O-Text): „Lange bevor sich die Siedler des Hohenbogen-Winkels in festen Behausungen einrichteten,durchschnitten Verkehrs- und Handelswege den Grenzraum. Der Nordwald war schon in der Steinzeit erschlossen. Ein Pfad führte damals auch durch das nachmalige Neukirchen, jungsteinzeitliche Funde beweisen es.
Im 9. oder 10. Jahrhundert siedelten sich in Walching, einem Neukirchner Ortsteil, Bauern an, die Verteidigungsdienste an der Grenze zu leisten hatten. Als ihnen diese Aufgabe um die Jahrtausendwende von einem Reiterheer abgenommen wurde, mussten sie das so genannte Marchfutter als Ersatzsteuer zahlen.
In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts entstand aus Walching, dem nahen Brünst und aus Neuansiedlungen eine größere Dorfgemeinschaft, die man nach der wohl gleichzeitig erbauten Kirche den Namen Neukirchen gab. Inzwischen hat der Handelsweg ins Böhmische hinein so stark an Bedeutung gewonnen, dass im nahen Atzlern eine Mautstätte errichtet werden musste. Um 1300 wurden dort vor allem Malz, Getreide, Vieh, Häute und Felle, Bier und Wein, Wachs und Honig, Eisen und sonstige Warenballen verzollt“. (O-Text Ende).
Auf einer zweiten Infotafel wurden wir zum “grenzenlosen Wandern auf dem Goldsteig“ eingeladen. Dieser Wanderweg führt auf 660 Kilometern von der Donau bis in den Böhmerwald und weist nach der Anbindung des tschechischen Bruderweges und all seinen Zubringer- und Querverbindungswegen ein Wegenetz von über 2000 Kilometern auf.
Wenige Schritte weiter konnten wir auf einer Kugelbahn Holzkugeln rollen lassen und auf dem Naturlehrpfad gab es zusätzlich Infos zu Bäumen, Pflanzen und zu allgemeinen naturkundlichen Themen. Und bald erreichten wir die erste Station des Klangweges. „Dem Hören ein Weg“ heißt hier das Motto.
Der Klangweg – dem Hören ein Weg
Spielen – hören – lauschen – innehalten. So lautet die Devise zum Klangweg, der sich auf 700 Metern Wegstrecke von der Wallfahrtskirche über den Weg der 7-Schmerzen Mariens und die St. Anna-Kapelle erstreckt.
Besuchern wird der rollstuhl- und kinderwagengeeignete Wag der Parkplatz in der Krankenhausstraße empfohlen. Die überaus interessanten Stationen setzen sich mit dem Phänomen Klang auseinander und liefern ein sinnliches Erlebnis der besonderen Art.
Die Musikinstrumente stammen aus unterschiedlichen Kulturkreisen wie beispielsweise der chinesische Gong oder eine Klangmühle mit ungewohnten Obertonreihen aus Indien. Unsere Gruppe hatte besonderen Spaß an der Rundharfe und an den afrikanischen Trommeln.
Dazu konnten wir uns an Infotafeln (zweisprachig dt/cz) zu den Themen Ethnologie, Musiktherapie, Physik und Medizin informieren.
Die tollen Instrumente auf dem Klangweg können in den Wintermonaten im Neukirchener Wallfahrtsmuseum bestaunt werden.
Am Ende des Klangweges erwischte uns ein kräftiger Regenschauer. So ergab sich eine halbstündige Zwangspause in einem der zahlreichen Hütten und Instrumente-Häuschen. Als der Regen nachließ, passierten wir eine Gedenkstätte mit Totenbrettern.
Hier verließen wir nicht nur den Klangweg, sondern auch den Ostbayerischen Jakobsweg und den Naturlehrpfad. In unserer Wegbeschreibung wird uns an diesem Punkt ein weiter Rundblick versprochen. Nicht aber bei diesem Wetter. Der Regen verstärkt sich erneut und wir flüchten unter das Vordach einer Scheune.
Unser nächster Orientierungspunkt auf dem NK 2 ist die Totenbrettergruppe der Freibachtaler, die wir über eine kleine Straße erreichen. Danach steuern wir auf ein Waldstück zu, vor dem wir nach links abbiegen.
Es geht 300 Meter abwärts durch die Wiese und am Waldrand finden wir den Hinweis auf ein Gasthaus. Wir hatten jedoch wenig Hoffnung, dass dieses Gasthaus an einem Montag, um diese Uhrzeit und bei diesem Sauwetter geöffnet hatte.
Direkt vor der Waldgaststätte konnten wir entscheiden, ob wir über den längeren Asphaltweg oder direkt über den Hof des Gasthauses und einen Wiesenhang weiter wandern. Wir entscheiden uns für den Wiesenhang und als wir die Tür des Gasthauses passieren, grüßt uns der Wirt. „Jo wann i do bin, hob i offen“, sagte er.
Und natürlich nahmen wir die Einladung an. Etwa eine Stunde saßen wir bei Kaffee, Bier und einem Bärwurz zusammen, stets genau beobachtet von unserem Gastwirt Baumann Josef. Seinen Namen konnten wir auf zahlreichen Urkunden für seine landwirtschaftlichen Aktivitäten lesen. Es war eine sehr preiswerte Einkehr und keine geizte mit Trinkgeld.
Dann ging es den Wiesenhang hinab und wir kamen wieder auf eine „Teerstraße“. Zunächst nach links, dann nach rechts auf eine Landstraße erreichten wir bald den Freibach, nach dem diese Wanderung benannt ist. Schön, wie er sich am tiefsten Punkt dieser Wanderung (441,3 m ü.NN) durch die Wiesen schlängelt.
Wasser gibt es in diesen Tagen im Bayerischen Wald im Überfluss, während der Süden Europas unter extremer Hitze und Trockenheit leidet. Und Wasser wird im nächsten Abschnitt unserer Tour eine große Rolle spielen.
Wir erreichen die Freibachtalstraße, gehen 50 Meter nach rechst und biegen bei einer kleinen Kapelle wieder nach links in den Wald ein. Auch hier finden wir wieder zahlreiche Totenbretter.
Weiter geht es durch den Wald. Der matschige Weg verwandelt sich bald in eine Sumpfpassage. Bei einem Fehltritt zog es uns fast die Wanderschuhe aus.
Am Waldrand hatten wir dann wieder festen Untergrund unter den Füßen. Eine Ruhebank war nach der anstrengenden Sumpfdurchwanderung sehr willkommen. Nun ging es weiter durch freies Feld.
Der Feldweg führt uns an die Austraße. Auf dieser wandern wir weiter zu kleinen Ansiedlung Au. „Au“ sagt auch einer unserer Wanderer, der sich mit Schmerzen im Knie herumplagt und den hohen Anteil asphaltierter Strecke bemängelt.
Immerhin gibt es keine nennenswerten Steigungen mehr. Unterwegs finden wir einen Hohenbogen-Winkel-Wegweiser der Marktgemeinde Eschlkam.
An diesem Punkt (Rettungspunkt CHA-2058) haben wir noch 2,4 Kilometer Reststrecke. Reger Baubetrieb herrscht in diesem Bereich. Dann bietet sich wieder eine Rastgelegenheit auf Baumstämmen an.
Auf der verkehrsarmen Landstraße steuern wir nach der Pause dem Ziel entgegen. Wir erreichen die Ortsgrenze und biegen nach links in die Hohenbogenstraße ein.
Ein letzter Anstieg ist noch zu überwinden, dann ist das Rathaus und die Tourist-Info erreicht.
Zuletzt noch ein Auszug aus der Geschichte der Stadt, die am 8. Januar 1377 durch Herzog Albrecht I zum Markt erhoben wurde und durch seine Grenzlage viele positive als auch negative Erfahrungen machen musste.
(O-Text): „Das etwa drei Tagwerk große Gelände um die Kirche wurde im Mittelalter zu einer Wehranlage eigener Art ausgebaut. Die Kirche St. Nikolaus mit Friedhof und zweistöckiger Seelenkapelle (Karner) waren von einem Palisadenzaun, einem Umfassungsgraben, von Befestigungsmauern mit Wehrgängen und Türmen und vom Pflegeschloss umgeben.
Der Sitz für herzogliche Beamte ist schon für die Zeit von 1379 nachgewiesen. Sie waren vor allem für die Sicherung der Landesgrenzen zuständig. Nachhaltigen Einfluss auf die kulturelle, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung des Marktes hatte die Wallfahrt.
Aus einer Christuswallfahrt entstand im Spätmittelalter die Marienwallfahrt mit dem geschändeten Gnadenbild. Durch die Wallfahrt wurde Neukirchen – seit der Mitte des 16. Jahrhunderts mit dem Beinamen beim Hl. Blut – in der Barockzeit zur Begegnungsstätte zwischen Böhmen und Bayern. 1659 bauten die Franziskaner ein Kloster, drei Jahre vorher hatte man sie zur seelsorgerischen Betreuung der Wallfahrer berufen“. (O-Text Ende)
Nähere Informationen:
Tourist-Info Neukirchen b.Hl.Blut, Marktplatz 10, 93453 Neukirchen b. Hl. Blut,
Tel. 09947-940 821, www.neukirchen.bayern.de, tourist@neukirchen.bayern