Erlebnisbericht aus dem Corona-Jahr 2021
Der Elfte im Elften im Jahr 2021. Man muss ein Narr sein, um angesichts stark steigender Corona-Zahlen nach Köln zum Beginn der Narrensaison zu fahren. Zum Zeitpunkt der Buchung unserer Tagesfahrt lagen die Zahlen noch im Keller und als es soweit war, galten schon im Bus der Firma Gimmler äußerst strenge Vorschriften.
Wir, Sonja, Biggy und ich, haben es gewagt. Wie der nachträgliche Corona-Test zeigte, ist alles gut gegangen. Das lag aber auch an unserer Vorsicht und an guten Sicherheitsvorkehrungen von Polizei und Security-Diensten. Nur die Warteschlangen vor den Damen-WCs waren eine Katastrophe.
Auf der Fahrt von Gießen auf der A 45 erlebten wir zunächst einen schönen Sonnenaufgang und beste Stimmung im Bus. Dafür sorgte auch der Busfahrer mit launigen Sprüchen und fröhlicher Musik. Eine Pause auf dem Rastplatz Siegerland erfreute nicht nur die Raucher, sondern vor allem jene Damen, die auf der Hinfahrt schon kräftig Sektchen und Schnäppseken geschlürft hatten und schnellstmöglich die Toiletten stürmen mussten.
Unser Busfahrer ließ uns am Breslauer Platz ganz nahe am Hauptbahnhof ins Abenteuer aufbrechen. Nun musste aber jemand (?) aus unserer Gruppe auf das WC. Im Hauptbahnhof eine Katastrophe. Gut eine halbe Stunde in der Schlange.
Ich wollte als Raucher mal eben auf den Bahnsteig hinauf. Nix da. Überall Rauchverbot. Und bei meiner Rückkehr waren die Damen weg. Das dauerte eine Weile, bis wir uns dank Smart-Phone wieder gefunden hatten. Schließlich standen wir vor dem Dom. Und dort standen wir nicht alleine…
(3) Irgendwo sorgte eine Blaskapelle für Stimmung vor dem Dom. Wir wollten aber dem Menschenandrang schnell entkommen und flüchteten in eine Fußgängerzone, die in ihrer Hässlichkeit an den Gießener Seltersweg erinnerte.
Ab gleich links fanden wir eine Kneipe, die (noch) nicht überfüllt war und mit dem Spruch „Heute Schluckimpfung“ lockte. Für 20 Euro gab es zehn Marken und dafür wiederum 6 Gaffel Kölsch und 4 „Feiglinge“.
Die Stimmung hier war grandios. Aber irgendwie konnte ich mich nicht mit diesen Reagenzgläsern und dem dünnen Bier anfreunden. Weiter ging es auf die Narren-Tour.
(4)Einen richtigen Streckenplan haben wir nicht vorbereitet. Wir folgen dem Jubel, aber nicht dem großen Getöse. Der Blick auf die Uhr verrät: Wir haben den großen Moment um 11.11 Uhr irgendwie verpasst.
Dann fanden wir den „Bierbaum“. Hier fühlten wir uns bei größeren Biergläsern und Jägermeister für 1,50 Euro richtig wohl. Total nette Bedienung, sehr gute Stimmung, und Kölsche Stimmungsmusik.
(5) Die Wände und Decken der kleinen Kneipe waren rundherum mit Sprüchen und Namen signiert. Auch Biggy wollte unsere Truppe unbedingt verewigen und musste dazu auf den Tisch steigen.
Als sich aber auch diese Kneipe mehr und mehr füllte, machten wir uns dann wieder auf den Weg. Wir hatten Hunger und fanden fast nebenan ein asiatisches Lokal. Alle waren der Meinung: Ente gut, alles gut.
Danach zog es uns an das Rheinufer. Hier wurde es wesentlich lauter und das Publikum deutlich jünger. Hier hörte man leider auch weniger Kölsche Karnevalslieder, sondern mehr die nervigen Ballermann-Hits.
Obwohl Pfandbecher angeboten wurden, lagen überall Scherben umher, der Müll lag neben den Müllbehältern. Eine Brunnenfigur mit vielen Feigling-Fläschchen scheint irgendwie symbolisch…
Wir begegnen stark angetrunkenen, aber überwiegend fröhlichen jungen Leuten. Tanzend, singend, und weitgehend friedlich. Zumindest während unseres Aufenthaltes.
Ein Kamerateam des WDR hält Ausschau nach Interviewpartnern. Bis hier mussten wir 4 oder 5 Mal unsere Impfnachweise vorlegen. Polizei und Ordnungsdienste machten nach unserem Eindruck einen tollen Job, trotz einiger üblen Pöbeleien. Die Kontrollen waren mal mehr oder weniger sorgfältig.
Dort wo sie sorgfältig waren, bildeten sich jedoch lange Warteschlangen. Dies gilt besonders vor dem Konzert von Peter Brings, auf das wir dann doch verzichtet haben.
(7)Wir begegnen dem leibhaftigen Obelix, staunen über den Stand mit dem Angebot „Betreutes Trinken“ und können an Papa Joes Jazz Lokal die Hochwasserstände des Rheins ablesen. Aber irgendwann wird es einfach zu voll und wir flüchten vor dem Massenandrang.
Wir entfernen uns vom Rheinufer und hören irgendwo Trommelklänge. Eine afrikanische Truppe macht auf einem größeren Platz ordentlich RambaZamba und bringt das Volk Zum Tanzen.
Vor dem Kölner Treff wird Polonaise getanzt und überall wird ordentlich getankt. Am Ende zieht es uns noch einmal auf den Alten Markt. Hier war einer der besonders streng kontrollierten Kernzonen mit Live-Musik und Showprogramm.
Am Ende umrunden wir noch einmal den Dom und ziehen dann über den Bahnhof zu unserem Abfahrtspunkt weiter. Alle waren pünktlich um 20 Uhr wieder am Bus. Ausfallerscheinungen gab es offenbar nicht. Dennoch verlief die Rückfahrt deutlich ruhiger als die Hinreise.
Im Nachhinein betrachtet war es vielleicht doch ein bisschen leichtsinnig zu Pandemiezeiten eine solche Reise anzutreten. Schon wenige Tage danach explodierten die Corona-Zahlen förmlich. Wir hatten wohl Glück. Vielleicht war es die letzte Chance für lange Zeit, Karneval in so ausgelassener Form zu erleben.