Rund um die Regiswindiskirche
Nach nur drei Tagen war meine Arbeitsmission in Lauffen am Neckar erfüllt. Viel zu wenig Zeit, nach Feierabend alle (wander)touristischen Highlights und Wanderwege zu entdecken. Aber einen besonderen Schwerpunkt der Stadtgeschichte konnte ich noch genauer ins Visier nehmen: Die historischen Gebäude rund um die Regiswindiskirche.
Gehen wir zunächst auf die Ortsheilige Regiswindis ein. Angeblich war sie die Tochter des Grenzgrafen Ernst aus dem oberpfälzischen Nordgau, die im Jahre 839 im Alter von nur sieben Jahren ermordet wurde und seit dem 13. Jahrhundert als Heilige gilt. Dazu finden wir bei wikipedia folgende Geschichte:
(O-Text): Nach der Sage ließ der Graf seinen Pferdeknecht wegen Unachtsamkeit auspeitschen. Die Schwester dieses Knechtes sei die Amme der kleinen Regiswindis gewesen, und aus Rache soll diese daraufhin die ihr anvertraute Regiswindis erwürgt und vom Burgfelsen hinab in den Neckar gestoßen haben. Die Amme wollte sich danach selbst in den Fluss stürzen, hinzutretendes Volk hielt sie aber davon ab und sie gestand ihr Verbrechen. Drei Tage später wurde das tote Mädchen von Lauffener Fischern aus dem Neckar gezogen, mit rötlicher Haut, glücklichem Gesichtsausdruck und gefalteten Händen – nach anderen Quellen: mit ausgestreckten Armen, so dass also ihr Leib die Form eines Kreuzes zeigte. Der Leichnam wurde zunächst auf dem Kirchhof bestattet. Kurze Zeit später neigte sich die alte, aus dürftigem Holz erbaute Kirche dem Grab zu und stürzte tags darauf ein. Das Gebäude könnte die bereits im 8. Jahrhundert erwähnte Martinskirche gewesen sein (…) (O-Text Ende).
In der Kirchstraße (Hausnummer 8) stoße ich zunächst auf das Regiswindis-Pfründhaus. Das Haus diente von 1713 bis 1826 als Mädchenschule. Möglicherweise steht es (laut Infotafel) auf der mittelalterlichen Stadtmauer oberhalb des ehemaligen Dorfgrabens. Als „Sannt Rennsin huß“ erstmals 1501 erwähnt war es ursprünglich als Pfründhaus für Probst Nikolaus Bur/Pur (1461-1463) vorgesehen. Herzog Ulrich überließ das Haus im Jahr 1547 der Lauffener Heiligenpflege. Es wurde zu jener Zeit vom Stadtschreiber genutzt und wurde 1707 nach dem großen Dorfbrand neu errichtet.
Am Ende der Kirchstraße stehe ich vor der Regiswindiskirche. Auch hier ist natürlich eine Infotafel angebracht, allerdings in abweichender Gestaltungsform und ohne englische Übersetzung. Hier erfährt man zunächst, dass der Kirchberg, auf dem diese Kirche steht, der älteste Siedlungskern der Stadt ist.
Hier soll sich auch die bereits erwähnte Martinskirche befunden haben. Sie gehörte 741/742 zur Gründungsausstattung des Bistums Würzburg. Weiter erfährt man, dass der ebenfalls an dieser Stelle zu suchende Königshof um 1003 als „Castrum“ (befestigter Platz) bezeichnet wird. Große Teile dieser der immer wieder erneuerten Befestigung sind noch erhalten.
Im folgenden Text wird aufgeführt (O-Text): „Seit 832 war dieser Königshof mit seinen Zugehörden an einen der mächtigsten Großen des fränkischen Reiches, den Grafen Ernst vom Nordgau (= Bayern) vergeben. Um 840 wurde in Lauffen seine kleine Tochter Regi(n)swind ermordet. Der zuständige Diözesanbischof Humbert von Würzburg (833-842) erlaubte schon wenig später die kultische Verehrung der Märtyrerin und errichtete einen Kirchenneubau. Die Heiligsprechung der Regiswindis im Jahr 1227 veranlasste die Planung einer großen gotischen Basilika.“ (O-Text Ende).
Zu dieser geplanten Basilika findet man auf der Infotafel eine Skizze. Auch die weiteren Informationen sind der oben abgebildeten Texttafel zu entnehmen.
Gegenüber der Kirche steht in der Kirchhofstraße die ehemalige Lateinschule (Hausnummer 11). Als Eigentum der Pfarrkirche war dieses dreigeschossige Fachwerkhaus mit hohem Kellergeschoss bis zur Reformation Heiligenhaus (Sannt Rennsin huß). Schon 1547 war es Schulhaus und Lehrerwohnung, als Lateinschule wurde es erstmals 1713 bezeichnet. Nach Neuerrichtung (1750) und grundlegender Renovierung (1798) wird aus der Zeit um 1900 berichtet, dass erstmals Mädchen in der Lateinschule aufgenommen wurden. Nach 1950 gelangte die Lateinschule in Privatbesitz.
Auf dem weiteren Weg in der Kirchbergstraße fällt uns das Pfarramt mit seinem auffälligen Steg auf. Wegen dieses Steges wird das Haus Nr. 9 im Volksmund auch „Brücklespfarrhaus“ genannt. Hier ist lesen, dass dieses im 15. Jahrhundert erbaute Gebäude zuerst als Pfarrhaus, ab Mitte des 17. Jahrhunderts als als Diakonat diente. Der Steg war einst aus Holz und soll den Rest des Wehrgangs über dem ehemaligen südlichen Kirchhoftor darstellen. Dieser führte vom Haus in den Kirchgarten und zur Kirche.
Letzter Punkt meines Besichtigungsrundganges ist das kleine Backhaus (Kirchbergstraße 4), das kurz nach seiner Erbauung um 1822 an die Dorfgemeinde verkauft wurde. Dem Bedarf folgend wurde es später mit zwei Backöfen und einem Waschkessel ausgestattet. Dennoch musste die Bevölkerung auf dieses und ein weiteres Backhaus an der Kiesstraße zugeteilt werden. Es wurde bis 1851 von einer „Backfrau“ genutzt und seit der letzten Sanierung im Jahr 2006 als historische Einrichtung in Ehren gehalten.
Was mir in der Zeit meines Aufenthaltes nicht gelungen ist, die Spuren des berühmtesten Sohnes der Stadt, Friedrich Hölderlin, zu verfolgen. Das Hölderlinhaus (Nordheimer Straße) lag nicht auf meinen Routen. Auch der Klosterhof wird ein Ziel für eventuelle spätere Besuche sein.
Informationen:
Touristinfo im Bürgerbüro
Bahnhofstraße 54, 74348 Lauffen am Neckar
Tel. 07133-2077-0, info@lauffen-a-n.de