Von Berka nach Gerstungen
Nach einer unruhigen Nacht – das Zelt war nicht wasserdicht verschlossen – geht es am 13. Juni 2024 auf Radtour. Von meinem Feriencamp in Berka will ich auf dem Werra-Suhltal-Radweg in nördlicher Richtung nach Gerstungen fahren. Zudem steht eine Stempeljagd auf dem Plan. Die Nr. 25 der Touringen-Stempel ist in den Dankmarshäuser Rhäden versteckt.
Vom Camp fahre ich über den Mühlweg an die Bahnhofstraße, biege hier links ab und erreiche über die Poststraße die Wildecker Straße (L 1022). Hier fahre ich nach links über die Werra-Brücke und finde schon nach wenigen Metern den Einstiegspunkt des Werra-Sultal-Radweges.
Eine erste Infotafel stellt mir die besonderen Sehenswürdigkeiten auf dieser Strecke vor. Zu diesen gehört die Rundkirche in Untersuhl, dem ersten Ort auf meiner Strecke.
Zu diesem ist auf der Infotafel folgendes zu lesen: „Untersuhl – damals noch Niedernsuhla genannt – wurde erstmals in einer Urkunde aus dem Jahr 1397 erwähnt. Vermutlich viel älter, bewahrt sich das kleine Bauerndorf mit einst zahlreichen Mühlen bis heute seinen besonderen Charme.
Nach dem Bau der Werrabrücke bei Berka gegen Ende des 14. Jahrhunderts gewann Untersuhl an Bedeutung. Aus einer kleinen Warte auf der neuen Handelsstraße entstand im 16. Jahrhundert die Untersuhler Rundkirche, eine der ungewöhnlichsten Kirchen Deutschlands.
Ein Blick in die tagsüber geöffnete Kirche im denkmalgeschützten Ortskern offenbart sehenswerte Heiligendarstellungen aus dem Jahr 1701, für die seinerzeit Untersuhler Bürger Modell gestanden haben sollen.“ (O-Text Ende).
Nach einer Runde um die Rundkirche setze ich meine Tour auf dem bestens markierten Radweg fort. Es ist pures Genussradeln. Nicht eine Spur von Steigungen. Untersuhl und Gerstungen sind fast aneinander gewachsen. Der Radweg verläuft nun auf der Straße „Am Tümpel“. Ich fahre am Gerstungen Sportplatz vorbei und folge zunächst meinem Navi zur nächsten Sparkassen-Filiale.
Auf meinem Feriencamp ist nämlich Barzahlung angesagt. Die Wartburg-Sparkasse finde ich an der Ecke Schillerstraße / Wilhelmstraße. Der Wilhelmstraße folge ich in nordöstlicher Richtung und gelange über die Karlstraße an den Markt mit seinem Storchenbrunnen.
Zu diesem finde ich folgende Geschichte auf einer der vielen Infotafeln: „Der Bau eines Brunnens auf dem Markt geht auf eine Anregung des Verschönerungsvereins zurück. Ziel der Vereinsmitglieder war es, das alte Zentrum des Ortes zu beleben und dessen Ansicht zu verbessern.
Für die Gestaltung des Brunnens gewann man einen namhaften Künstler seiner Zeit. Im Jahre 1935 erhielt er den Auftrag zur Umsetzung des Vorhabens und bereits im Juni 1936 wurde der Brunnen eingeweiht. Nach einem längeren Entscheidungsprozess war es letztendlich der Storch, der als Leitfigur den Gerstunger Brunnen zieren sollte. So wurde der seit Generationen gewachsenen Verbindung der Bürger zu ihrem Wappentier ein Denkmal gesetzt. Professor Ludwig Nick entwarf ein achteckiges Becken, im Inneren eine sich verjüngende Säule mit dem aufgesetzten Storch aus Bronzeguss. Vier Wasserläufe versorgten den Brunnen mit Wasser und vier umlaufende Tierreliefs, Fische, Frösche, Lurche sowie ein kleiner Putto, schmücken den unteren Teil des Säulenschaftes. Beim Material entschied man sich für Muschelkalk. Immer wieder erfuhr der Brunnen technische Verbesserungen. Nach 75 Jahren wurde er im Zuge der Marktplatzsanierung grundlegend überholt. Mit neuer Brunnentechnik ausgestattet, erfreut er nun wieder die Menschen mit fröhlichem Geplätscher.“ (O-Text Ende).
Die Geschichte rund um den Brunnen ist allerdings nicht ganz so fröhlich. „Hier wurde in Ausübung der hoheitlichen Gewalt Recht gesprochen und mitunter auch das Todesurteil verhängt“, ist auf der selben Tafel zu erfahren. Direkt am „Limpertstein“, der Teil des Schafotts gewesen sein soll, weisen Aufzeichnungen aus dem Jahr 1763 eine Hinrichtung durch das Schwert nach. Bis in das 17. Jahrhundert wohnte laut Gerstunger Amtsbeschreibung ein Scharfrichter im Ort.
Katharinenkirche und Gerstunger Schloss
Cafes und Restaurants laden auf dem Marktplatz zur Einkehr ein. Ich bleibe jedoch auf Kurs und erreiche über die Straße An der Kirche die Katharinenkirche. Sie bildet mit dem benachbarten Schloss, einer ehemaligen Wasserburg, ein Wahrzeichen der 8.900-Einwohner-Grenzstadt. Zur Kirchengeschichte wird auf belegbare Reparaturarbeiten nach einem Großbrand im Jahr 1588 verwiesen. Dabei war eine gänzliche Neuerrichtung des Kirchenschiffes erforderlich.
Bei wikipedia ist zu erfahren: „Die stattliche turmbewehrte Wasserburg in Gerstungen diente den Amtsverwaltern in Gerstungen als Wohnsitz, am Rande dieser weiträumigen Anlage befand sich die Burgkapelle, ein ursprünglich romanisches Bauwerk über dessen Größe und Aussehen jedoch keine Überlieferungen erhalten blieben. In ihr fanden die ortsansässigen Adelsfamilien ihren Begräbnisplatz, was noch durch eine Reihe repräsentativer Grabsteine belegt wird.“ (O-Text Ende).
Ich fahre weiter zum Schloss und finde an der Pforte zwei Steintafeln. Auf der linken wird an den „Frieden zu Gerstungen, 1074 geschlossen zwischen König Friedrich IV. und den thüringischen und niedersächsischen Adeligen“erinnert. Die Tafel rechts ist dem weltberühmten Montangeologen Dr. Friedrich Moritz Stapff (1836-1893) gewidmet.
Im Innenhof fällt mir zunächst ein kleiner Brunnen mit der Symbolfigur Storch und ein alter Leiterwagen auf. Im Schloss ist das Werratal-Museum der Gemeinde Gerstungen untergebracht. Es ist von Mai bis Oktober täglich außer montags von 14 bis 17 Uhr geöffnet, außerhalb der Saison nach Vereinbarung.
Das Schloss wurde im 17. und 18. Jahrhundert auf den Grundmauern einer Wasserburg errichtet. Zur Frühgeschichte ist auf Infotafeln zu erfahren, dass König Heinrich IV. während des Sachsenkriegs mehrmals in Gerstungen war. Im Jahr 1074 fanden hier die Verhandlungen zwischen dem aufständischen sächsischen und thüringischen Adel und dem König statt.
Die Herren von Gerstungen wurden erstmals 1174 erwähnt. Vom Bistum Fulda wurde Mitte des 14. Jahrhunderts das Amt Gerstungen geschaffen, das ab 1402 an die Landgrafen von Thüringen und in deren Folge an das Herzogtum Sachsen-Eisenach ging. Mit der einst dreiseitig von Wassergräben geschützten Burg den Werra-Übergang, einer „Kurzer Hesse“ genannten Furt.
Zur jüngeren Geschichte ist bei wikipedia zu erfahren: „Als 1741 Gerstungen an Herzog Ernst August I. von Sachsen-Weimar-Eisenach kam, standen nur noch Vorwerksgebäude der Burg. Die Wasserburg war verfallen. Der neue Landesherr erwarb noch den Knobelsdorf’schen Garten und vereinigte ihn mit dem Vorwerk zum Kammergut. Der Marstall wurde vergrößert und der Schlossbau geplant. Die Grundmauern der mittelalterlichen Wasserburg dienten dem Aufbau des Schlosses im 17. und 18. Jahrhundert, das später Sitz des Amtes Gerstungen war.“ (O-Text Ende).
Mit einer Schloss-Besichtigungsrunde endet meine Tour auf dem Werra-Suhltal-Radweg.
Ab hier lasse ich mich von google-maps zu meinem nächsten Etappenziel, den Dankmarshäuser Rhäden führen.